Mit Stiftung und Familienunternehmen an die Börse - die Stiftung & Co. KGaA macht es möglich

VON THORSTEN KLINKNER

 

Der Gang an die Börse kann für aufstrebende Unternehmen einen wesentlichen Wachstumshebel darstellen. Das frisch eingesammelte Kapital ermöglicht Wachstumsinvestitionen, um das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Hinzu kommt der steigende Bekanntheitsgrad.

Als Kehrseite der Medaille droht ein Kontrollverlust an institutionelle Anleger. Ein Negativbeispiel hierfür lieferte der Industriekonzern Thyssenkrupp im Sommer 2018, als im Zuge der „Chaostage“ sowohl der Vorstandsvorsitzende Heinrich Hiesinger als auch der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Lehner von ihren Ämtern zurücktraten. Als Grund hierfür nannten sie im Wesentlichen die auf Aktionärsseite durch den US-amerikanischen Hedgefonds Elliott und den schwedischen Finanzinvestor Cevian vertretenen Vorstellungen über die strategische Ausrichtung des Konzerns.


Vor diesem Hintergrund stellt sich gerade für inhabergeführte Familienunternehmen die Frage, wie der Spagat zwischen Börsengang und Aufrechterhaltung der Kontrolle über das Unternehmen gelingen kann. Eine Antwort liefert die Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Kommanditgesellschaft (KG) und Aktiengesellschaft (AG). Wie die Aktiengesellschaft ist auch die KGaA eine Kapitalgesellschaft, deren Aktien nach einem Börsengang am Kapitalmarkt gehandelt werden können. Hinsichtlich der Gesellschafter wird zwischen dem persönlich haftenden Komplementär und den nicht haftenden Kommanditaktionären unterschieden. Der Komplementär hat eine deutlich stärkere Stellung als der Vorstand einer AG. Grundsätzlich muss der Komplementär jede Entscheidung der Geschäftsführung absegnen, gegen seinen Willen können die Kommanditaktionäre keine Maßnahmen durchführen.

 

Wird die Stellung des Komplementärs von einer Stiftung bekleidet, handelt es sich um eine Stiftung & Co. KGaA. Ein prominentes Beispiel für eine Stiftung & Co. KG ist die CEWE Stiftung & Co. KGaA. Der Fotodienstleister CEWE aus Oldenburg wurde im Jahr 1961 von Heinz Neumüller gegründet, damals unter dem Namen „Cewe Color“. Zu Ehren seines Schwiegervaters Carl Wöltje, der 1912 mit der Gründung der „Photographischen Anstalt“ den Grundstein des Unternehmens legte, wählte Heinz Neumüller dessen Initialen als Firmenname. Heute beschäftigt CEWE über 3.400 Mitarbeiter an Standorten u.a. in Deutschland, Frankreich und Osteuropa. Seit 1993 ist das Unternehmen an der Börse gelistet und Mitglied im SDAX.

 

Ausschlaggebend für die Rechtsformwahl von CEWE war ein Konflikt mit ihrem Aktionär M2 Capital Management AG (Schweizerische Private-Equity Gesellschaft) im Jahr 2007. Während sich der CEWE Vorstand für Wachstumsinvestitionen zur strategischen Entwicklung des Unternehmens aussprach, forderte M2 eine Erhöhung der Dividenden. Nachdem sich der Vorstand letzten Endes durchsetzen konnte, änderte die CEWE sechs Jahre später ihre Rechtsform von der CEWE COLOR Holding AG in die einer Stiftung & Co. KGaA mit der Neumüller CEWE COLOR Stiftung als Komplementärin.

 

Das Unternehmen CEWE ist damit ein Positivbeispiel für das Motto „Mit Stiftung und Familienunternehmen an die Börse“. Während die Stiftung als Komplementärin und damit stabiles Führungsgremium für eine langfristig orientierte Unternehmensführung im Sinne der Stifterfamilie sorgt, bietet sich die Möglichkeit, über die Kommanditaktien an der Börse frisches Kapital einzusammeln und das Unternehmen über Erweiterungsinvestitionen fit für die Zukunft zu machen. Auf diese Weise kann auch für inhabergeführte Familienunternehmen der Spagat zwischen Börsengang und Aufrechterhaltung der Kontrolle über das Unternehmen gelingen.