· 

Erbbaurechte im Stiftungsvermögen

VON THORSTEN KLINKNER

 

Das Erbbaurecht ist ein bewährtes Instrument zum langfristigen Erhalt von Grund und Boden und bietet dem Grundstückseigentümer die Möglichkeit, eine wirtschaftliche Trennung des bebauten Grundstücks von dessen Grund und Boden herbeizuführen. Kommunen, Kirchen, Stiftungen, aber auch Privatpersonen nutzen Erbbaurechte schon lange zum gezielten generationenübergreifenden Substanzerhalt.

 

Art und Umfang der Bestellung eines Erbbaurechts

 

Bei einem Erbbaurecht wird ein Grundstück in der Weise belastet, dass demjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, das veräußerliche und vererbliche Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (sog. Erbbaurecht, § 1 Abs.1 ErbbauRG). Für die Bestellung eines Erbbaurechts kann der Grundstückseigentümer vom Erbbauberechtigten (lat. superficiarius) über die Laufzeit einen sog. Erbbauzins als wiederkehrende Leistung verlangen. Üblicherweise wird ein Erbbaurecht für eine Dauer bis 99 Jahre bestellt und ein Erbbauzins von ca. drei bis fünf Prozent des Grundstückspeises vereinbart. Daneben sind weitere Vereinbarungen im Rahmen des Erbbaurechtsvertrags nach Maßgabe des Gesetzes über das Erbbaurecht (ErbbauRG) möglich. Nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit oder Ausübung des sog. Heimfallrechts (§ 3 ErbbauRG) fällt das Erbbaurecht an den Grundstückseigentümer zurück. Für den „Heimfall“ kann alternativ eine Übertragung des Erbbaurechts an einen vom Grundstückseigentümer benannten Dritten vorgesehen werden.

 

Mit Bestellung eines Erbbaurechts entsteht je nach Ausgestaltung des beurkundungspflichtigen Erbbaurechtsvertrags ein veräußerliches und vererbliches Recht, welches seinerseits vom Erbbauberechtigten mit Grundpfandrechten belastet werden kann und unabhängig vom zurückbehaltenen Eigentumsrecht des Grundstückseigentümers in einem eigenem Grundbuchblatt erfasst wird. Nach Maßgabe des Erbbaurechtsvertrags bedarf jede Verfügung über das Erbbaurecht regelmäßig der Zustimmung des Grundstückseigentümers. Hierdurch kann eine Stiftung als Grundstückseigentümerin weiterhin gewissen Kontrollrechte im Zusammenhang mit dem Erbbaurecht ausüben.


Erbbauzins als planbarer Ertrag des Grund und Bodens

Eine Stiftung als Erbbaurechtsgeber/Grundstückseigentümer erhält für die Zurverfügungstellung von Grund und Boden einen planbaren Erbbauzins, der als regelmäßige Leistung nach Maßgabe von § 9 Abs.1 ErbbauRG sogar durch Eintragung einer sog. Erbbauzinsreallast im Erbbaugrundbuch dinglich abgesichert werden kann. Zukünftige Wertentwicklungen können hierbei durch eine am Verbraucherpreisindex orientierte Anpassungsklausel zum Inhalt dieser dinglichen Erbbauzinsreallast gemacht werden.

 

Stiftungen bietet die Bestellung von Erbbaurechten planbare Erträge, ohne das operative Risiko der Bewirtschaftung von Immobilien. Chancen und Risiken der Bewirtschaftung von Immobilien können mit dem Erbbaurecht bedarfsweise an stiftungsexterne Personen oder Unternehmen übertragen werden. Die Eigentumsrechte und der Immobilienbestand an sich können hierbei langfristig erhalten bleiben. Erlischt das Erbbaurecht, so erhält der Grundstückseigentümer vom Erbbauberechtigten gegen Zahlung einer Entschädigung für die auf dem Grundstück stehenden Bauwerke das uneingeschränkte Eigentum zurück.

 

Ertragsteuerlicher Vorteil einer Bestellung eines Erbbaurechts

 

Die Bestellung eines Erbbaurechts für stiftungseigene Immobilien, welche von der Stiftung im Rahmen ihrer reinen Vermögensverwaltung gehalten werden, ist insbesondere unter ertragsteuerlichen Gesichtspunkten interessant. Für diese Immobilien einer Stiftung ist nämlich regelmäßig die zehnjährige Haltefrist im Zusammenhang mit einem privaten Veräußerungsgeschäft (§ 23 Abs.1 Satz 1 Nr.1 EStG) zu beachten. Ein solches Veräußerungsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift stellt zwar auch die entgeltliche Übertragung eines bereits bestehenden Erbbaurechts dar. Hingegen ist die Einräumung eines Nutzungsrechts keine Veräußerungsgeschäft, sodass die Bestellung eines Erbbaurechts eine Gestaltung ist, welche ertragsteuerliche Folgen je nach Umständen des Einzelfalls vermeiden kann.


Behandlung des Erbbaurechts bei der Erbschafts- und Schenkungsteuer

Im Zusammenhang mit der Erbschafts- und Schenkungssteuer (sowie der Grunderwerbsteuer) ergibt sich die Besonderheit, dass für Zwecke der steuerlichen Bewertung das Erbbaurechtsgrundstück und das Erbbaurecht als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens betrachtet werden und aus Vereinfachungsgründen nach Maßgabe von § 261 BewG zusammen bewertet werden. Eine Zurechnung des ermittelten Wertes für das gesamte Grundstück erfolgt hierbei beim Erbbauberechtigten.

 


Behandlung des Erbbaurechts bei Grunderwerbsteuer

Für Zwecke der Grunderwerbsteuer wird das Erbbaurecht nach § 2 Abs.2 Nr.1 GrEStG einem Grundstück gleichgestellt. Damit stellen das Erbbaurecht und das belastete Erbbaugrundstück zwei selbständige Grundstücke dar. Zu einem steuerbaren Erwerbsvorgang bei der Grunderwerbsteuer kommt es regelmäßig nur dann, wenn ein Erbbaurechtsvorgang einen Rechtsträgerwechsel auslöst. Hingegen fehlt ein solcher Rechtsträgerwechsel bei der bloßen Bestellung oder Aufhebung eines Eigentümer-Erbbaurechts (Erbbaurecht am eigenen Grundstück). Demgegenüber entsteht bei der Bestellung, Übertragung, Verlängerung, Aufhebung oder dem Heimfall eines Erbbaurechts in Relation zu einem Dritten die Grunderwerbsteuer in voller Höhe.

 

Fazit: Das Erbbaurecht ist ein interessantes Instrument für eine langfristige Substanzerhaltung von Grundvermögen in einer Stiftungsstruktur, ohne die Notwendigkeit einer stiftungseigenen Bewirtschaftung von Immobilien. Ein planbarer Erbbauzins erlaubt der Stiftung eine langfristige Finanzierung des Grundbesitzes. Stifterfamilien können als Erbbauberechtigte bedarfsweise stiftungseigenen Grundbesitz weiter bewirtschaften und Immobilien als Erbbauberechtigte vermieten.