Die Tradition der Familienstiftung

Geschichte, Status Quo und Reformbestrebungen

Von der Antike bis heute

Eine Sonderform mit bewegter Geschichte und großem Entwicklungspotenzial

Schon seit ewigen Zeiten gibt es die Bestrebungen der Menschen, Lebenswerke und damit auch Vermögen einem

festgelegten Zweck zu widmen, der auf Dauer gefördert werden soll. So wundert es nicht, dass sich stiftungsartige Institutionen schon in der vorchristlichen Antike mit religiöser, sozialer und auch rechtlicher Bedeutung finden lassen.

 

Auch, wenn es sich hier noch nicht um rechtsfähige Stiftungen im modernen Sinne handelte, da der Stiftung die

eigene Rechtspersönlichkeit fehlte, erschienen sie aus der heutigen rechtlichen Perspektive jedoch schon damals als fiduziarische Stiftungen. Darunter versteht man Schenkungen unter Lebenden oder von Todes wegen mit der Auflage, die

Erträge für einen bestimmten, meist kultischen, religiösen oder auch sozialen Zweck zu verwenden. Wie heute spielte

der Stifter-Wille eine große Rolle und war das Kernstück der fiduziarischen Stiftung.


Von der Pia Causa zur Stadtgründung

In der christlichen Antike erhielt das Stiftungswesen neue Akzente und wurde dynamischer in seinem Ausdruck und den Variationsmöglichkeiten. Mit der Anerkennung der Rechts- und Erbfähigkeit der christlichen Gemeinden nach der Konstantinischen Wende im 4. Jahrhundert erlangten nun auch Stiftungen eine gewisse Selbstständigkeit und Identität und bedurften nicht mehr der Anlehnung an bestehende Institutionen.

 

Auch, wenn der Begriff der juristischen Person unserem heutigen Recht entspringt, kann man rückblickend sagen, dass auch die Stiftungen damals schon eine rechtliche Selbstständigkeit innehatten. Sie wurden Träger eines eigenen Vermögens, hatten eigene Leitungspersönlichkeiten und feste Strukturen. Kurzum, schon damals entstand die inhaltliche Nähe zu unserer heutigen juristischen Person.

 

Natürlich war es damals der Wunsch der Kirchenväter, dass jeder fromme Christ einen Teil seines Vermögens für kirchlich-soziale Zwecke hinterließ, um für sein Seelenheil zu sorgen. Dieser Zweck der Frömmigkeit und Gottgefälligkeit wurde als „pia causa“ bezeichnet. Die „piae causae“ begleiteten als fromme Stiftungen die Geschichte der Christenheit.

 

Ihr Vermögen wurde als eine Art Kirchengut verstanden und unterstand der kirchlichen Hoheit durch den Bischof. Das Stiftungsthema selbst verschmolz bis in die Neuzeit mit dem Begriff „piae causae“. Allerdings erweiterten sich mit der Entscheidung Kaisers Ottos III. die Variationsmöglichkeiten der Stiftungen. Otto der III. sorgte dafür, gute Zwecke nicht nur für die Kirche zu erbringen, sondern auch für weltliche Zwecke verwirklichen zu können. Er privilegierte im Jahre 996 n.Chr. die Stadtgründung von Cremona (Lombardei). Spannender Hintergrund ist, dass es im späten Mittelalter allgemein die Tendenz der Stadtverwaltungen gab, einen stärkeren Einfluss auf das Stiftungswesen zu bekommen. Das führte insgesamt dazu, dass sich das allgemeine Verständnis des Stiftungszwecks von geistlichen auch auf weltliche Zwecke ausdehnte.

 


Familienstiftung versus Familienfideikommisse

Im 15. Jahrhundert entstanden die eigentlichen Vorläufer der modernen Familienstiftungen, die den Unterhalt von Familienangehörigen in möglichen Notlagen absichern sollten. Oftmals traten sie, wie zum Beispiel die „Welserche Familienstiftung“ vom Jahre 1539 aus Nürnberg, in unmittelbarer Verbindung mit dem Handelsunternehmen der Familie in Erscheinung.


Es ist anzunehmen, dass vor allem reiche Stadtbürger damit die Versorgung ihrer Familienangehörigen sicherstellen wollten. Die Familienstiftung ist bis heute die Hauptform der privatnützigen Institutionen.

Einen ähnlichen Zweck und nah verwandt mit dem Rechtsinstitut der Familienstiftung sind die vom Adel gegründeten Familienfideikommisse, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besaßen. Familienfideikommisse waren Vermögen, die aufgrund von Verfügungen (von Todes wegen) innerhalb einer Familie über mehrere Generationen hinweg gemäß einer im Vorhinein  festgesetzten Ordnung vererbt werden sollen. Sie waren letztlich gleichbedeutend mit einer unbeschränkten Nacherbeneinsetzung.

Das Familienfideikommiss unterscheidet sich von der Familienstiftung in verschiedener Hinsicht: Im Gegensatz zum Familienfideikommiss ist das Stiftungsvermögen der Familienstiftung gegenüber Gläubigern der Stiftung nicht entzogen. Das Vermögen einer Familienstiftung ist zudem je nach dem Willen des Stifters veräußerlich. Im Übrigen war das Gesetz zur Verhinderung von Fideikommissen darauf gerichtet, eine Bindung von Grund und Boden durch die rechtsgeschäftliche Unveräußerlichkeit auszuschließen. Eine Familienstiftung kann innerhalb Ihrer Vermögensverwaltung Immobilien veräußern. Maßgeblich ist die Stiftungssatzung.
 
Heutzutage wird die Familienstiftung auch als moderne Ersatzlösung des Fideikommisses bezeichnet, da letztere im 19. Jahrhundert aufgelöst und in Familienstiftungen umgewandelt wurden. Ihr Requiem erhielten sie am 6. Juli 1938, als das Gesetz über das Erlöschen der Familienfideikommisse verabschiedet wurde.

Familienstiftung heute: der Status Quo

Eine Familienstiftung ist keine eigene Rechtsform, sondern eine Sonderform der rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts. Sie ist eine nicht gemeinnützige Stiftung, die in der Regel ausschließlich private und wirtschaftliche Zwecke verfolgt und verselbständigte Vermögensmasse betreut. Anders als eine Kapital- oder Personengesellschaft hat eine Familienstiftung weder Mitglieder noch Gesellschafter und wird allein durch den Vorstand verwaltet. Maßgebend ist der in der Satzung formulierte Stifter-Wille. Er bestimmt, wie das Vermögen genutzt wird und welchem Zweck es dient.

 

Das Stiftungsvermögen selbst ist zu erhalten, solange die Stiftung besteht. Die Stiftungszwecke werden grundsätzlich aus den Erträgen verwirklicht, die das Stiftungsvermögen generiert. Eine Ausnahme hierzu ist nur die Verbrauchsstiftung, die nach ihrer Satzung das gesamte Grundstockvermögen für die Förderung ihrer Zwecke einsetzen kann.


Reformbestrebungen laufen

Momentan (Stand: August 2018) ist die Rechtsanwendung im Stiftungsrecht je nach Aufsichtsbehörde sehr unterschiedlich, was vor allem an dem bestehenden Nebeneinander von bundes- und landesrechtlichen Regelungen liegt. In der Praxis zeigt sich aus diesem Grund immer mehr das Bedürfnis nach einer abschließenden bundeseinheitlichen Regelung, um Rechtsklarheit zu schaffen.

 

Hinzu kommt, dass die Regelungen der Landesstiftungsgesetze teilweise gegen Bundesrecht verstoßen, sodass es zu Diskussionen wegen uneinheitlicher Rechtsanwendung vor allem im Stiftungsprivatrecht kommt. Stiftungen werden gegenüber Vereinen und Kapitalgesellschaften benachteiligt, indem ihnen eine Registereintragung bisher verwehrt bleibt. All das soll durch eine Modernisierung des Stiftungsrechts behoben und verbessert werden.

Stärkung der Rechte von Stifterinnen und Stiftern zu Lebzeiten

Ein weiterer wichtiger Punkt wird die Stärkung der Rechte von Stifterinnen und Stiftern sein. So soll der Grundsatz der Maßgeblichkeit des historischen Stifterwillens, wie er bei der Errichtung der Stiftung zum Ausdruck gekommen ist, ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen werden. Da dieser Wille stets zu beachten ist, wird künftig wohl auch die Möglichkeit vorgesehen, dass der Stifter im Stiftungsgeschäft die Voraussetzungen für eine Satzungsänderung abweichend von den gesetzlichen Vorgaben festlegen kann. 

 

Ob eine Nachjustierung der Satzung und insbesondere des Stiftungszwecks durch den Stifter möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Bisher ist sie im aktuellen Diskussionsentwurf nicht vorgesehen. Das praktische Bedürfnis für ein solches Sonderrecht des Stifters ist jedoch nicht abzusprechen, so dass auch hier der endgültige Gesetzesentwurf abzuwarten bleibt.

 

Transparenz des Stiftungsrechts durch bundeseinheitliche Regelungen

Um auch die Diskussion um das Nebeneinander von bundesrechtlichen und landesrechtlichen Regelungen zu beenden, soll eine einheitliche Rechtssetzung des materiellen Stiftungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) angestrebt werden. Dafür sollen die wesentlichen Merkmale einer Stiftung, die Zulässigkeit von Satzungsänderungen sowie die Regelungen über die Auflösung, Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen künftig abschließend und einheitlich im BGB zu finden sein, um mehr Rechtsklarheit zu schaffen. Die bundesweite Rechtsentwicklung ist dann von allen Aufsichtsbehörden zu beachten.

Einführung eines Stiftungsregisters

Um der Stiftung als Rechtsform, die zunehmend an Bedeutung gewinnt, Rechnung zu tragen, soll ein bundeseinheitliches Register mit Publizitätswirkung für alle Stiftungen des bürgerlichen Rechts geschaffen werden. Ihm soll man beispielsweise Anschrift, Stiftungszweck, Errichtungsdatum und die gesetzlichen Vertreter entnehmen können. Durch diese Maßnahme sollen Stiftungsvertreter befähigt sein, sich im Rechtsverkehr zu legitimieren und die Transparenz von Stiftungen und ihrer Organe in der Öffentlichkeit erhöht werden. Allerdings läuft momentan zu diesem Punkt noch eine Machbarkeitsstudie, die Aufschluss über die Umsetzungsmöglichkeit dieses Vorhabens geben soll. Aus diesem Grund wurde die Einführung eines Stiftungsregisters vorerst zurückgestellt. Wie genau die Reform des Stiftungsrechts insgesamt aussehen wird, bleibt abzuwarten. Der Regierungsentwurf zur Reform ist für den Herbst 2018 geplant.

 

Wir als UnternehmerKompositionen behalten den Reformprozess im Blick, um bei Neugründungen von Stiftungen bereits mögliche künftige Rechtsänderungen berücksichtigen zu können. Sämtliche Regelungen sollen voraussichtlich auch auf bestehende Stiftungen Anwendung finden, so dass die Reformbestrebungen ebenfalls für bestehende Stiftungen zu beachten sind.