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Die Genossenschaft als Instrument zur langfristigen und generationenübergreifenden Unternehmensgestaltung

Nachdem wir uns in den Stifterbriefen 2/2021 und 3/2021 mit einer geplanten Form der generationenübergreifenden Unternehmensgestaltung beschäftigt haben, soll heute der Fokus auf einer bereits bestehenden und hoch geschätzten Rechtsform liegen: der Genossenschaft. Zunächst möchten wir die Grundlagen aufzeigen.

 

Die Genossenschaft ist eine Gesellschaft ohne geschlossene Mitgliederzahl mit dem Zweck, die wirtschaftliche Tätigkeit ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturellen Belange mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes zu fördern. Die Genossenschaft als Wirtschaftsbetrieb wird dabei selbstständig von ihren Mitgliedern geführt.

 

Das ursprüngliche Ziel von Genossenschaften besteht in der Selbsthilfe der Mitglieder durch gegenseitige Förderung. Die ersten Genossenschaftsgründungen erfolgten im 19. Jahrhundert, als sich Händler, Handwerker und Bauern mit dem Ziel zusammenschlossen, sich Vorteile größerer Unternehmen in Selbstverwaltung und Selbstverantwortung zu sichern. 

 

Die Mitglieder können natürliche Personen, juristische Personen, offene Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften sein. Mindestvoraussetzung nach dem Genossenschaftsgesetz sind drei natürliche und/oder juristische Personen, die eine schriftliche Satzung festlegen. Weiterhin ist die Eintragung in das Genossenschaftsregister erforderlich, was vom Amtsgericht geführt wird, in dessen Bezirk der Sitz der Genossenschaft liegt. 

 

Für Verbindlichkeiten der Genossenschaft haftet im Grundsatz nur das Vermögen dieser. Nur im Fall der Insolvenz kann im Status eine Nachschusspflicht der Mitglieder vorgesehen werden, wenn die Gläubiger aus dem vorhandenen Vermögen nicht befriedigt werden können. Die Aufsicht wird einerseits durch die interne Kontrolle der Mitglieder und andererseits durch den Genossenschaftsverband sichergestellt. Dieser prüft regelmäßig die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Geschäftsführung, was wiederum den Mitgliedern Sicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung geben soll.

 

Der Unterschied zu anderen Rechtsformen

 

In der Unterscheidung zu Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG bleibt festzustellen, dass die Genossenschaft kein Mindestkapital benötigt. In der Praxis kann ein solches aber in der Genossenschaftssatzung bei Gründung festgelegt werden. Zu beachten ist, dass die Höhe der Kapitaleinlage für die Zahl der Stimmen der einzelnen Genossenschaftsmitglieder unerheblich ist. 

 

Hinsichtlich der Publizitätspflichten verhält es sich so, dass der Vorstand der Genossenschaft innerhalb von fünf Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres einen Jahresabschluss aufzustellen hat, der zusammen mit Lagebericht und ggf. Aufsichtsratsbericht zum Genossenschaftsregister einzureichen ist. Kleinstgenossenschaften können durch Bestimmungen in der Satzung auf die Einrichtung eines Aufsichtsrates verzichten, die Rechte und Pflichten werden in diesem Fall von der Generalversammlung wahrgenommen, §9 Absatz 1 GenG.

 

Einschneidende Veränderungen sind nur mit einer Dreiviertel-Mehrheit möglich, was als großer Stabilitätsfaktor wahrgenommen wird, eine feindliche Übernahme wird so ausgeschlossen. 

 

Die steuerliche Einordnung einer Genossenschaft

 

Die Genossenschaft ist als Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft nach §1 Absatz 1 Nummer 2 KStG körperschaftsteuerpflichtig und unterliegt dem allgemeinen Körperschaftsteuersatz von 15% (zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag). Befreit sind nur Genossenschaften mit forstwirtschaftlichem Bezug, wenn sie lediglich einen Gewerbebetrieb als Nebenbetrieb unterhalten oder verpachten, wie auch für Wohnungsgenossenschaften. Dabei ist die sogenannte Unschädlichkeitsgrenze zu beachten: Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus nicht begünstigten Tätigkeiten 10% der gesamten Einnahmen übersteigen. Entsprechendes zu den Befreiungen gilt für die Gewerbesteuer, denn die Genossenschaft ist ansonsten kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig. 

 

Eine steuerliche Besonderheit ist die genossenschaftliche Rückvergütung im Sinne des §22 KStG. Da der Zweck nicht in der Gewinnmaximierung, sondern in der bestmöglichen Unterstützung der Mitglieder liegt, kommt dem satzungsmäßigen Zweck der Genossenschaft eine hohe Bedeutung zu. Am Jahresende kann die Genossenschaft einen erzielten Überschuss im „Mitgliedergeschäft“ nachträglich an die Mitglieder rückvergüten und diese Zahlung als Betriebsausgabe abziehen. Dieses Privileg gilt nur für die Genossenschaft und nicht für andere Rechtsformen.

 

Die Genossenschaft als Modell zur Unternehmensnachfolge

 

Warum und wie eignet sich eine Genossenschaft dafür? Gerade dort, wo es im unternehmerischen Zusammenhang keine Unternehmensnachfolge gibt, kann sie eine Alternative (auch) für Mitarbeiter eines Unternehmens sein. Die drei gesetzlich erforderlichen Gründungspersonen übernehmen das Unternehmen und die Verantwortung für den wirtschaftlichen Erfolg. Auf diese Weise ist zum Beispiel die Finanzierung des Kaufpreises einfacher möglich, weil mehrere Personen beteiligt sind. Die Genossenschaft ist darüber hinaus durch die interne Mitgliederkontrolle und die unabhängige Prüfung durch den Genossenschaftsverband als sehr insolvenzsichere Rechtsform anerkannt. Ebenfalls ist der Weg in die Genossenschaft über die Umwandlung einer anderen Gesellschaft nach dem Umwandlungsgesetz ohne größere Probleme möglich. Der ausscheidende Unternehmer kann dabei trotzdem eingebunden werden, indem er beispielsweise als Mitglied des Aufsichtsrats oder auch als Berater für das Unternehmen fungiert.

 

Wichtig ist in der Praxis, vor der Gründung geeignete Partner für die Idee zu finden und eine individuell stimmige Gründungssatzung auszuarbeiten, die die jeweiligen Aufgaben und Kompetenzen der Beteiligten planungssicher festlegt. Danach erst kommt die Gründung, die Zulassungsprüfung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband und die Eintragung in das Genossenschaftsregister, wonach die eigentliche Tätigkeit aufgenommen werden kann.


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