Wie ein Unternehmensübergang in eine Stiftung bestens gelingt

VON JÖRG RISTAU

 

Wird ein Unternehmen in eine Stiftung überführt, geht es vor allem darum, Werte zu erhalten. Der Fortbestand dieser Werte ist nur dann gesichert, so lange es keine wirtschaftlichen Gründe gibt, die gegen das Unternehmen sprechen.

Unser Gastautor Jörg Ristau ist Diplom-Kaufmann und Gestalttherapeut. Neben seinen betriebswirtschaftlichen, verfügt er auch über diverse Qualifikationen im psychologisch kommunikativen Bereichen. Sein Steckenpferd ist es, Menschen davon zu begeistern, ihrer Mission zu folgen, um Sinn und Leichtigkeit zu leben. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner hat er es sich als Inhaber von grossefreiheit.com zur Aufgabe gemacht, „Leadership“ menschlicher, sinnvoller zu machen. Ein „New Work“ ist ohne ein „New Leadership“ nicht möglich.


Werte stabilisieren, um sie über Generationen zu erhalten und die Unternehmenskultur sicher manifestieren

 

Aktuell stehen sehr viele Unternehmen vor diversen Herausforderungen. 

Ob es die digitale Transformation, der demographische Wandel, der globale Wettbewerb, oder die Folgen der Corona Pandemie sind - mindestens eines dieser Themen hat einen gravierenden Einfluss.

 

Im Folgenden zeige ich, wie man ein Unternehmen stabilisieren kann.

 

Der dreistufige Prozess:

  1. Im Vorfeld: Die Mission/ das WARUM - den emotionalen Sinn des Unternehmens auf den Punkt bringen
  2. Im Prozess: Die Vision von Zusammenarbeit - die Mitarbeiter werden zu MitGestaltern
  3. Begleitend: Training und Coaching - eine agile Unternehmenskultur entwickeln

In diesem Brief widme ich mich der Stufe 1:

 

Das WARUM auf den Punkt bringen

 

Mitarbeiter brauchen einen emotionalen Grund, einen echten Sinn, um sich zu identifizieren. 

Ein solcher Sinn ist eine Antwort darauf, WARUM ein Unternehmer dieses Unternehmen gegründet hat. Ich kenne fast nur Unternehmen, die dazu gegründet wurden, um das Leben von Menschen besser zu machen.

 

Beispiel Apple:

Rein sachlich betrachtet, ist Apple ein Computerhersteller. Apple verfügt über dieselben Ressourcen wie Samsung oder Microsoft. Die Mitarbeiter sind ebenso talentiert. Auch der Markt ist der gleiche, die Produkte sind ähnlich. 

Und doch sticht Apple aus der Masse heraus:

Kein Hersteller gilt als so innovativ. Kein anderer Hersteller erregt so viel Aufsehen, wenn es neue Versionen ihrer Produkte gibt.

 

Wie schaffte Apple es zu einem derartigen Mythos zu werden, der Menschen inspiriert?

  • Apple ist nicht einfach nur ein Unternehmen. Apple hat keine Kunden, sondern Fans. Wer würde sonst vor einem Store übernachten, um ein begehrtes Produkt kaufen zu dürfen?
  • Schon immer sind Apple-Produkte nicht einfach nur Computer, sondern Ausdruck einer Philosophie. Wer ein Apple-Gerät besitzt, der möchte zeigen, dass er anders ist. 
  • Der Claim „think different“ war anfangs das persönliche Statement von Steve Jobs. Seine Fans bringen mit dem Kauf der Produkte ebenfalls zum Ausdruck, anders zu sein.
  • Die Kommunikation nach außen spiegelt die Philosophie wider. Sie ist nicht nur sachlich - sie ist vor allem emotional. 

Ein WARUM zieht Menschen in seinen Bann - unabhängig ob es sich um Kunden oder Mitarbeiter handelt.

 

Ein WARUM  zeigt die Zugehörigkeit zu etwas Größerem - gibt SINN.

Ohnehin gilt - Kunden können nur zu Fans werden, wenn die Mitarbeiter bereits Fans sind. 

 

Dahinter stecken ganz persönliche, vor allem emotionale Beweggründe des Unternehmers. 

Diese Gründe sollten weitaus gewichtiger sein, als ein: „Weil ich damit Geld verdiene.“

 

Das Warum ist die Basis für Identifikation

Wer seinen Mitarbeitern seine Motivation nahebringt – was ist der Antrieb und was ist der Glaube – gibt ihnen die Möglichkeit, sich zu identifizieren. 

 

Träume machen angreifbar

Das ist vielleicht der Grund, warum die meisten Unternehmer damit hinterm Berg halten. Solche Ideale sind selten geworden. Ich glaube nicht, dass unserer Gesellschaft die Träume und Visionen verloren gegangen sind. Ich glaube wir trauen uns nicht, sie transparent zu machen. 

 

Damit verschenken gerade Unternehmer sehr viel Potential. Es erfordert Mut, sich zu einem großen Traum zu bekennen. Es macht angreifbar durch Zyniker und Skeptiker. Doch genau darin liegt die Kraft großer Persönlichkeiten und ArbeitgeberMarken. 

 

Das beste Argument, um Menschen zu gewinnen ist ein Traum. Der Traum des Unternehmers.

  • Mit einem Traum zieht man die Kunden an, die ein Produkt nutzen, weil sie an eine Sache glauben. 
  • Mit einem Traum zieht man auch die Mitarbeiter an, die nicht einfach nur Zeit gegen Geld tauschen wollen. 
  • Ein Traum hat die Kraft, dass Menschen ihren Schweiß und ihre ganze Energie aufbringen, um eine Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Nicht weil sie es für das Unternehmen tun. Sie machen es für sich selbst - es ist auch ihr Traum geworden.

Warum das WARUM gerade heutzutage so wichtig ist

Es dient als Kompass, um in einer sich schnell verändernden Welt bei sich und seinen Werten zu bleiben. Zu groß sind der Wettbewerb und damit die Möglichkeit in der Masse unterzugehen.

 

Das WARUM ist ein Fundament - es gibt einem Unternehmen Sicherheit und eine Perspektive in der digitalen Zukunft. 

 

Genau das ist es auch, was Mitarbeiter brauchen, um ihr Bestes geben zu können: Sicherheit und Perspektive. Ein sinnstiftendes WARUM wirkt wie ein Kleber - es ist der Grund, warum Menschen einem Unternehmen treu bleiben. Ähnlich wie Fans, sind sie treu auch wenn es grundlegende Veränderungen gibt, oder wenn es mal schwieriger wird.

 

Wird ein Unternehmen in eine Stiftung überführt, dann wird der Übergang und der Fortbestand durch einen nachvollziehbaren emotionalen SINN und entsprechende Werte des Unternehmens erleichtert. 

Dieser Sinn und die Werte stecken in dem WARUM des Gründers und/oder des Inhabers. 

Wird das WARUM nicht festgeschrieben, im Leitbild verankert, ist es als würde ein Fahrrad ohne Lenker weitergegeben. Das WARUM gibt als Kernmotiv des Gründers die strategische Richtung vor. 

 

Wieso ist das WARUM der wahre Wert des Unternehmens?

Wir leben in einer Zeit des absoluten Wettbewerbs. Menschen müssen Entscheidungen treffen warum sie dieses oder jenes Produkt kaufen. Gute Mitarbeiter müssen sich in der Vielfalt der Angebote entscheiden, welchem Unternehmen sie ihre wertvolle Zeit und Arbeitskraft zur Verfügung stellen. 

 

Vertrauen spielt in heutiger Zeit eine immer wichtigere Rolle. Vertrauen entsteht durch das WARUM. Es dient dazu, sich am Markt einzigartig zu positionieren. Eine menschliche Positionierung, die wie ein Leuchtturm in einem sachlich getriebenen Marketing wirkt. 

 

Die Zahlen von Gallup sind der Beweis für mangelnde Identifikation

Mitarbeiter, die sich mit einem Unternehmen identifizieren geben ihr Bestes. 

Immer weniger Menschen wollen nur Zeit gegen Geld tauschen. Sie wollen ein WARUM. 

 

Dass es nur wenige Unternehmen gibt, die ein transparentes, emotionales WARUM haben, beweist die Statistik von Gallup: 

  • 69% der Mitarbeiter eines durchschnittlichen Unternehmen haben eine geringe emotionale Bindung,
  • 16% haben keine emotionale Bindung und nur 
  • 15% der Mitarbeiter identifizieren sich mit ihrem Arbeitgeber. 

Auf diese Wiese werden jährlich Milliarden Euro einfach verschenkt.

 

Wer sich emotional nicht oder wenig verbunden fühlt, bleibt weit unter seinen Möglichkeiten und ist für jede Abwerbung offen. Damit ein WARUM seine Wirkung entfalten kann, muss  es jedem bekannt sein - es muss in einem Leitbild manifestiert und jedem Mitarbeiter emotional bewusst werden.

 

Wie findet man das WARUM?

Zu einem WARUM gelangt man, indem ein geeigneter Moderator konsequent die richtigen Fragen stellt. 

Ist man hier zu schnell, landet man zu früh bei oberflächlichen und austauschbaren Marketingphrasen. Wichtig ist an dieser Stelle, in die Tiefe zu gehen! 

 

Das ist natürlich leichter, wenn der Unternehmensgründer noch lebt. Ist er bereits verstorben, dann wird man Recherche betreiben müssen.

 

Je stärker und klarer das WARUM ist, desto mehr können sich Menschen damit identifizieren. Diese treuen Fans geben einem Unternehmen gerade in unsicheren Zeiten die Stabilität, die es braucht. Auf diese Weise wird das Unternehmen für die Zukunft gesichert.

 

Schaut man sich die meisten sogenannten Missionstatements an, die an den Wänden von Unternehmen hängen, dann stellt man fest, dass diese allgemeingültig und damit austauschbar sind. 

Zum Beispiel: „Wir geben unser Bestes für unsere Kunden... Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt... Leistung aus Leidenschaft... Handwerk ist unsere Passion…“. Es sind bloße Behauptungen. Hier fehlt auf jeden Fall die Begründung - das WARUM.

 

Häufig trägt ein Unternehmer sein WARUM im Herzen, ohne es jemals auszusprechen, oder es sich explizit bewusst zu machen. Scheidet er aus, ist das WARUM verloren.

 

Das ist der Grund, warum es so vielen Unternehmen schlechter geht, nachdem der Unternehmer ausgeschieden ist. 

 

Das WARUM manifestiert die Identität, die Persönlichkeit des Unternehmens. Wird es bei der Übergabe nicht beachtet, geht die Identität und damit der eigentliche Wert verloren.