VON THORTSTEN KLINKNER
Um die Unternehmenskontinuität und umfangreiches Privatvermögen in einer gemeinsamen Struktur generationenübergreifend erhalten und erweitern zu können, bietet sich für Unternehmerfamilien die Gründung einer Holding an der Spitze ihres Familienvermögens an.
Im Hinblick auf die Vermögensabsicherung und -erweiterung werden mit dem Gestaltungsprinzip der Familienholding folgende Vorteile erreicht:
- Von dem Privatvermögen und damit auch von den persönlichen Risiken der Familie, wie Erbfällen oder Scheidung, wird das Vermögen durch die Übertragung an die Holding getrennt. Auf diese Weise schafft sie eine solide Basis für einen langfristigen Familienfrieden.
- Fachlich und von ihrer Persönlichkeit her qualifizierte Familienmitglieder können das Vermögen durch eine Funktion in der Holding und/oder dem Unternehmen weiterhin steuern. Eigentum und Kontrolle werden wirksam getrennt und verbleiben im Familienkreis. Die übrigen Familienmitglieder werden von dem Druck befreit, Vermögen und Unternehmen als Eigentümer übernehmen zu müssen. Stattdessen bietet sich ihnen die Möglichkeit einer frei bestimmten Selbstentfaltung, wobei sie aus den Erträgen des Familienvermögens dosiert abgesichert und finanziell unterstützt werden können.
- Es kommt zu keiner Vermögenszersplitterung in der Generationenfolge. Da die Holding - im Gegensatz zu einem Menschen - nicht sterben kann, bleibt sie als stabiles Familienmitglied erhalten und ermöglicht eine zentrierte Vermögenssteuerung aus einer Hand.
Bei der Suche nach der geeigneten Rechtsform stoßen Personen- oder Kapitalgesellschaften schnell an ihre Grenzen. Vereint man das Familienvermögen in einer Kapitalgesellschaft, wird diese zwar zur neuen Eigentümerin. Gleichwohl können nun die Anteile dieser Gesellschaft zum Gegenstand von Erbstreitigkeiten und einer Zersplitterung in der Generationenfolge werden. Hier gelingt also keine wirksame Trennung von Eigentum und Kontrolle.
Personengesellschaften ermöglichen zwar bis zu einem gewissen Grad eine Eindämmung der Vermögenszersplitterung und -übertragung auf dem Erbfolgeweg durch entsprechende Klauseln in dem Testament und/oder dem Gesellschaftsvertrag. Bei mehreren Erben ergeben sich hierbei jedoch regelmäßig hohe Abfindungs- bzw. Ausgleichsansprüche der nicht als Gesellschafter vorgesehenen Erben, sodass erneut Erbstreitigkeiten oder Notverkäufe von Anteilen an außenstehende Dritte drohen. Auch bleibt in jeder Generation eine Abhängigkeit von „geeigneten Erben“ auf der Gesellschafterebene bestehen.
Über diese Überlegungen führt die Rechtsformsuche zu juristischen Personen, bei denen es keine vererblichen Beteiligungen gibt. Zwei mögliche Alternativen zur Umsetzung der genannten Ziele sind die Familienstiftung und der Familienverein. Gemeint sind an dieser Stelle eine rechtsfähige Stiftung bzw. ein rechtsfähiger, nicht wirtschaftlicher Verein (e.V.) im Sinne des BGB. In der Beratungspraxis begegnet uns regelmäßig der Wunsch nach einer konkreten Grundlage, auf deren Basis sich Stiftungs- bzw. Vereinsinteressierte für eine der beiden Rechtsformen entscheiden können. Vor diesem Hintergrund werden die grundlegenden Vor- und Nachteile beider Rechtsformen im Hinblick auf die Zielsetzung eines generationenübergreifenden, wirksamen Familienvermögensschutzes im Folgenden gegenübergestellt:
I. Organisation
1. Verein
Ein eingetragener Verein soll mindestens sieben Mitglieder haben. Als Organe sind eine Mitgliederversammlung und der Vorstand gesetzlich vorgeschrieben. Der Vorstand fungiert als Führungsgremium und wird von der Mitgliederversammlung gewählt oder eben auch (gegen seinen Willen) abgewählt.
Vorteil: Eine zu große Machtakkumulation auf Ebene des Vorstands kann durch die Mitgliederversammlung abgewendet werden.
Nachteil: Umgekehrt ist zu beachten, dass für den Überträger des Vermögens keine Gewissheit besteht, inwieweit und ob er überhaupt langfristig die Kontrolle über das Familienvereinsvermögen ausüben kann.
2. Stiftung
Vergleichbar mit einem Menschen hat auch eine Stiftung keine Mitglieder, Anteilseigner oder Eigentümer. Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein Vorstand als Führungsgremium. Der Hauptunterschied zum Verein besteht darin, dass der Stifter in der Stiftungssatzung individuell festlegen kann, wer im Anschluss an die Gründung als Stiftungsvorstand fungieren soll und wie in der Folgezeit die Mitglieder des Stiftungsvorstands bestellt werden. Im Regelfall fungiert der Stifter zu Lebzeiten selbst als Stiftungsvorstand. Zusätzlich hat sich in unserer Beratungspraxis die Einrichtung eines Aufsichtsgremiums (bestehend aus Familienmitgliedern und/oder vertrauten Außenstehenden) und einer Familienversammlung bewährt, die künftig über die Bestellung der Vorstandsmitglieder abstimmen und über die Einhaltung des Stiftungszwecks wachen.
Vorteil: Nach der Übertragung seines Vermögens an die Stiftung hat der Stifter bei einer entsprechenden Satzungsgestaltung die Gewissheit, über eine gesicherte Position in dem Stiftungsvorstand und/oder auf Unternehmensebene auch weiterhin die Vermögenssteuerung in der eigenen Hand zu behalten.
Nachteil: Gerade bei zu schnell umgesetzten Stiftungsstrukturen auf Basis einfacher Mustersatzungen wird es meist versäumt, über die Lebenszeit des Stifters hinaus wirksame Regelungen über die Einrichtung weiterer Organe (Aufsichtsgremium und Familienversammlung) und über die Besetzung des Vorstands festzulegen. Diese Regelungen können ohne präzise formulierte und wohl durchdachte Klauseln in der Ursprungssatzung nicht mehr geändert werden. Die organisatorischen Vorteile der Familienstiftung können folglich nur durch eine vor ihrer Errichtung vollends durchdachte Stiftungssatzung zum Tragen kommen, in der die unterschiedlichsten familien- und unternehmensbezogenen Fragestellungen berücksichtigt wurden.
II. Verbindlichkeit der Satzung in der Generationenfolge
1. Verein
Als Regelwerk ist für Stiftung und Verein jeweils eine Satzung vorgeschrieben. Der Hauptunterschied besteht darin, dass Satzung und Zweck eines Vereins bei entsprechender Mehrheit der Stimmen in der Mitgliederversammlung geändert werden können.
Vorteil: Gerade bei Jahrzehnte alten Vereinen bietet sich für Mitgliederversammlungen stets die Möglichkeit, auf veränderte wirtschaftliche und familiäre Rahmenbedingungen reagieren zu können. Diese waren zu Gründerzeiten oftmals nicht vorhersehbar und konnten daher in der Ursprungssatzung nicht bedacht werden.
Nachteil: Der Mitgliederversammlung bietet sich die Möglichkeit, Satzung und Zweck des Vereins auch gegen den Willen der Gründer abzuändern. Im Ergebnis ist für Gründer eines Vereins nicht sicher, ob sie überhaupt langfristig als Vorstand fungieren können und ihr ursprünglich angestrebter Zweck nicht gegen ihren Willen abgeändert wird.
2. Stiftung
Die Satzung der Stiftung ist ohne Änderungsklauseln, die der Stifter selbst in der ursprünglichen Satzung festlegen muss, nicht mehr abänderbar. Die behördliche Überwachung der Einhaltung von Satzungsbestimmungen richtet sich nach den Landesstiftungsgesetzen.
Vorteil: Der Stifter hat bei Errichtung einer Stiftung die Gewissheit, den Zweck der Stiftung, die Grundprinzipien der Unternehmenskultur und die Einrichtung von Stiftungsorganen für die Generationenfolge verbindlich festlegen zu können. Stiftungsinteressierten können somit regelmäßig geäußerte Sorgen, wie „Kann ich später aus meiner eigenen Stiftung rausfliegen?“ genommen werden.
Nachteil: Wie oben erläutert erweist sich die „Endgültigkeit“ der Stiftungssatzung als Nachteil, wenn in möglichst kurz und einfach gefassten sowie unter Zeitdruck entstandenen Satzungen geeignete Regelungen fehlen, um auch in den Jahren und Jahrzehnten nach der Stiftungserrichtung auf veränderte Rahmenbedingungen in Familie und Unternehmen reagieren zu können.