Gestaltungsinstrument der Familienstiftung: Gefahr der Zersplitterung von Vermögen vermeiden

VON THORSTEN KLINKNER

 

Auch mittelständische Unternehmen können das Ziel von feindlichen Übernahmen werden. Mit einer gezielten Aktion kann ein Käufer Unternehmen unter seine Kontrolle zu bringen. Durch eine unternehmensverbundene Familienstiftung lässt sich dies verhindern. Die finanzielle Unterstützung der Familie bleibt gesichert, und die Nachfolger können durch Minderheitsanteile wertschätzend an die Vermögensverwaltung herangeführt werden.


Feindliche Übernahme klingt schon nicht sonderlich freundlich, und der englische Begriff Hostile Takeover verschärft den martialischen Klang noch einmal. Und tatsächlich: Eine feindliche Übernahme bezeichnet eine Unternehmensübernahme, bei der das Management des Zielunternehmens seine Zustimmung nicht erteilt hat oder über die geplante Übernahme erst gar nicht informiert wurde. Mit einem typischen M&A-Prozess und den vertrauensvollen Verhandlungen über eine Übernahme beziehungsweise Fusion hat das nichts zu tun. Bekannte Beispiele für feindliche Übernahmen sind Continental AG durch Schaeffler KG, Hochtief durch Grupo ACS, ABN Amro durch ein Konsortium aus RBS, Fortis und Banco Santander, Arcelor durch Mittal und Paribas durch BNP.

 

Das klingt alles nach sehr großer Wirtschaft. Aber auch gestandene Mittelständler können in das Risiko geraten, dass ein finanzstarker Konkurrent oder Investor nichts unversucht lässt, in den Besitz beherrschender Mehrheitsanteile zu kommen. Das kann natürlich bei börsennotierten Unternehmen kleinerer Indizes passieren, aber genauso auch bei privat gehaltenen Kapitalgesellschaften, deren Anteile zum Beispiel in einem größer werdenden Familienstamm verteilt sind und deren Eigentümerstruktur eher auf Tradition und Gottvertrauen aufgebaut ist als auf einem unangreifbaren Fundament.

 

Dies kann man ganz leicht an einem (fiktiven) Beispiel nachvollziehen. Die nicht öffentlich gehandelte Aktiengesellschaft hat ihre Anteile auf die mittlerweile auf mehrere Generationen angewachsene

Gründerfamilie aufgeteilt, ein paar Prozent liegen bei einem stillen Investor, der dem Unternehmen in einer Krise ausgeholfen hat. Jetzt kauft ein Investor, gegen den Willen eines der beiden Patriarchen, bei eher „schwachen“ Familienmitgliedern und dem Zweig des verkaufswilligen Patriarchen Aktien zusammen und wird so schnell zum größten Anteilseigner gleich hinter dem anderen Zweig, der das Unternehmen halten möchte. Es fehlen dann nur noch die paar Prozent des stillen Teilhabers, und schon haben sich die Mehrheitsverhältnisse geändert – die feindliche Übernahme ist gelungen, die Verkäufer haben ihre Anteile vergoldet, das traditionelle Familienunternehmen ist unter fremde Kontrolle geraten.

 

So oder so ähnlich kann es einem gut positionierten Mittelständler durchaus passieren. Das Lebensziel mancher Erben ist nicht unternehmerische und familiäre Kontinuität, sondern ein luxuriöses Leben mit den Erlösen aus dem jeweiligen Aktienpaket zu führen, ohne Bindung an die Traditionen und den Verhaltenscodex der Familie. Und schon kann der Käufer mit einer gezielten Aktion das Unternehmen unter seine Kontrolle zu bringen.

 

Einen echten Schutz gibt es für herkömmlich strukturierte Aktiengesellschaften mit frei handelbaren Anteilen vor einer feindlichen Übernahme nicht, sobald ein größerer Teil des Kapitals an die Märkte gebracht

worden ist, um dadurch Liquidität einzusammeln. Bei anderen Kapitalgesellschaften mag diese Gefahr weniger groß sein, aber ausgeschlossen ist sie natürlich nicht – es muss doch nur die Mehrheit an einer GmbH beim Abkömmling des Gründers liegen, der das Unternehmen ohnehin nicht führen will. Und schon sieht sich der Gründer gegen seinen Willen einem neuen Mehrheitsgesellschafter gegenüber.

 

Um diese Gefahr auszuschließen, können Eigentümer von Kapitalgesellschaften auf das Gestaltungsinstrument der Familienstiftung setzen. Die privatnützige Stiftung in Deutschland ist ein Instrument, das Unternehmern eine Option im Gesellschaftsrecht schaffen kann. Schließlich hat eine Stiftung weder Gesellschafter noch Aktionäre, auch dann nicht, wenn sie eine (börsennotierte) Aktiengesellschaft kontrolliert. Eine solche AG wird durch Schenkung oder Erbschaft in die Stiftung eingebracht, die damit zur Eigentümerin wird. Die Stiftung selbst wiederum ist hingegen eigentümerlos. Das

heißt konkret: Die Stiftung verwaltet als eigenständiges Konstrukt eine Ertragsquelle und wird nur durch den Willen des Stifters und der von ihm eingesetzten Organe in dessen Sinne geführt. In der Substanz ist die Stiftung vor jedem Zugriff gesichert, genau wie das Unternehmen, das die Stiftung mehrheitlich besitzt.

 

Will heißen: Sobald die Vermögenswerte einer Stiftung gehören, sind sie dem Zugriff der früheren Eigentümer entzogen. Es besteht gegen den Willen des Stifters keine Möglichkeit mehr dazu, Anteile zu veräußern. Dafür erhalten die früheren Anteilseigner Ausschüttungen aus der Familienstiftung, die sich an den Gewinnen der eingebrachten Ertragsquelle orientieren. Auf diese Weise werden sie versorgt, ohne über Beteiligungsrechte verfügen zu müssen.

 

Der Vorteil einer stimmigen, individuellen Stiftungsstruktur: Es müssen nicht alle Anteile eingebracht werden. Für die dauerhafte Kontrolle und den transgenerationalen Fortbestand des Unternehmens genügt es schon, wenn die deutlichen Mehrheitsanteile an der Ertragsquelle in der Stiftung liegen und damit dem Zugriff von innen und außen entzogen werden. Dann besteht keine Schwierigkeit darin, die übrigen Anteile bei den Familienmitgliedern zu belassen, um an die Vermögensverwaltung heranzuführen, Vertrauen und Wertschätzung zu beweisen und eigene Entfaltungsmöglichkeiten auf Gesellschaftsebene zuzulassen.

 

Ein Beispiel für diese Art der Umsetzung stammt von der Fielmann AG (Ad-Hoc-Mitteilung, November 2012): „Günther Fielmann – Gründer, Hauptaktionär und Vorstandsvorsitzender der Fielmann AG (ISIN: DE0005772206) sowie Stifter und Alleinvorstand der Fielmann Familienstiftung – hat heute bekannt gegeben, dass er im Zuge der Umsetzung seiner Pläne einer generationenübergreifenden Unternehmensnachfolge aus seinem Aktienbestand 24,52 Prozent der Aktien an der Fielmann AG auf die Fielmann Familienstiftung übertragen hat, so dass die Fielmann Familienstiftung eine Beteiligung von 51,00 Prozent an der Fielmann AG hält. Diese Maßnahme sichert auf Dauer den bestimmenden Einfluss und die

Führungsverantwortung der Familie Fielmann in der Fielmann AG.“