Die Stiftungsaufsicht – Gegner, Verbündeter oder kritisch mitdenkender Partner? (Teil 2)

VON MARTIN BUSS

An dieser Stelle setzen wir den Blog-Artikel vom 31. August 2017 fort.


A.       Funktionen der Stiftungsaufsicht

 

       I.    Die staatliche Aufsicht ist ausschließlich für rechtsfähige Stiftungen vorgesehen. Ihre Rechtsfähigkeit erlangt eine Stiftung, indem sie ein behördliches Anerkennungsverfahren durchläuft. Um diese Anerkennung zu erreichen, reicht der Stifter die entworfene Stiftungssatzung bei der jeweils zuständigen Behörde ein. Es bestehen hier letztlich zwei Alternativen:

 

1.   Eine Möglichkeit kann darin gesehen werden, sich von der Homepage der zuständigen Behörde ein Muster für eine Satzung herunterzuladen, in diesem Muster die eigenen Daten einzutragen und dies als Satzung für die eigene Stiftung bei der Behörde einzureichen. Dies bietet zwar die Vorteile, dass man nicht nur die Kosten für einen Berater spart, sondern – höchstwahrscheinlich – auch das Verfahren der Anerkennung weitestgehend reibungslos verläuft, weil man sich damit den Vorgaben der Behörde sowohl inhaltlich als auch formal beugt.

 

Die erheblichen Nachteile bei der Verwendung derartiger Muster liegen darin, dass individuelle Wünsche und Vorstellungen des Stifters keine Berücksichtigung finden und der Preis des „kurzen und schmerzlosen“ Anerkennungsverfahrens unter Umständen dann teuer bezahlt wird, wenn Situationen eintreten, die in einer solchen Mustersatzung nicht bedacht wurden und folglich nicht geregelt sind.

 

2.   Die zweite Alternative besteht darin, mit einem Berater eine individuell an die Vorstellungen des Stifters angepasste Satzung für die zu gründende Stiftung zu entwerfen. Hier kann nicht nur die Verwendung der Erträge der Stiftung geregelt werden. Es können vielmehr auch Mechanismen eingebaut werden, die das Bestehen der Stiftung absichern und den Ablauf des Tagesgeschäfts erheblich erleichtern.

 

Entscheidet sich der Stifter für die Einreichung einer individuellen Satzung, so wird die Funktion der Stiftungsaufsicht deutlich: Da die eingereichte Satzung dementsprechend von Mustern abweichende Regelungen enthält, beginnt ggf. zu einzelnen enthaltenen Vorschriften der Dialog mit der Behörde.

 

Die Behörde hat evtl. Anmerkungen und macht Änderungsvorschläge hinsichtlich der individuell gefundenen Regelungen. Diese sind im weiteren Verlauf des Anerkennungsverfahrens mit der Behörde zu diskutieren und abzustimmen.

 

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Behörde hier keineswegs als Gegner oder Querulant fungiert, sondern in beratender Funktion die individuell getroffenen Regelungen mit durchdenkt und ihre kritischen Hinweise dazu verhelfen, dass nach konstruktiver Diskussion letztlich schnell die beste Lösung für den Stifter gefunden werden kann.

 

3.   Die Stiftungsaufsicht ist dementsprechend als kritisch mitdenkender Partner zu betrachten, der wertvolle Erfahrungen und Denkweisen in die beabsichtigte Regelung einfließen lassen kann. Es sei noch darauf hingewiesen, dass in den meisten Fällen die freie Wahl besteht, ob die Vorschläge der Behörde Eingang in die Satzung finden oder hierauf verzichtet wird und die ursprünglich getroffene Regelung beibehalten wird. Nur wenige Änderungshinweise der Behörde sind zwingender Natur.

 

4.   Die Vorteile einer in dieser Weise entworfenen und durchdachten Satzung überwiegen die oben genannten Vorteile eines Satzungsmusters erheblich: Durch die getroffenen Regelungen ist die in dieser Weise gegründete Stiftung auf sämtliche sich ergebenden Veränderungen und Situationen eingestellt. Auch können in die Satzung aufgenommene Änderungsvorbehalte dem Stifter und den späteren Stiftungsorganen eine gewisse Flexibilität erhalten. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass der Stifter gezwungen ist, sich sowie die Stiftung und ihre Satzung an die kommenden Gegebenheiten anzupassen und eine Satzungsänderung – die ebenso der behördlichen Genehmigung bedarf – mit der Behörde abzustimmen.

 

  II.       Die Funktion der Stiftungsaufsicht ist jedoch nicht darauf beschränkt, die Satzung mit dem Stifter abzustimmen. Vielmehr – und dies lässt der Begriff der „Stiftungsaufsicht“ auf den ersten Blick gerade nicht vermuten – schützt sie den Willen des Stifters. Dies ist vor allem dann relevant, wenn – und dies ist der gewünschte und regelmäßige Fall – die Stiftung den Stifter überlebt. Nach dem Ableben des Stifters werden die ursprüngliche Idee und der Wille des Stifters durch die Organe der Stiftung, mithin durch die Mitglieder der jeweiligen Organe, umgesetzt und gesteuert. Die Erfahrung zeigt, dass der Stifter, der über seinen Tod hinaus denkt, die Stiftungsaufsicht in dieser Hinsicht als beruhigende Institution empfindet. Sie ist nämlich in der Lage, die durch den Stifter geschaffene Stiftung vor Fehlern und Verfehlungen der Organe und deren Mitglieder zu schützen bzw. dafür zu sorgen, dass die Organe den Willen des Stifters (be)achten.

 

B.       Fazit

 

Die Stiftungsaufsicht stellt keinen hartnäckigen und einschränkenden Gegner dar, vielmehr ist sie im Anerkennungsverfahren als wertvoller, kritisch mitdenkender Partner zu betrachten. Nach Errichtung der Stiftung nimmt sie darüber hinaus wichtige Schutzfunktionen zugunsten des Stifters – sowohl zu dessen Lebzeiten als auch nach dessen Ableben – sowie seines Willens wahr.