Risikomanagement fördert langfristigen Stiftungsgedanken

VON THOMAS LENERZ

Das Risikomanagement für Stiftungen bei allen Investitionsentscheidungen ist das Stichwort und die Herausforderung überhaupt für jeden Stiftungsvorstand und Vermögensverwalter. Zwingende Voraussetzung überhaupt ist der Erhalt des Stiftungsvermögens, aber es muss auch Ausschüttungssicherheit bestehen, um dem Stiftungszweck dauerhaft erfüllen zu können. Der Vermögensverwalter ist gefordert, bei so geringem Risiko einen möglichst hohen ausschüttungsfähigen Ertrag zu erwirtschaften.


 

 

Es gibt längst keinen Zins ohne Risiko mehr – viel eher gilt das Wort vom „zinslosen Risiko“ umso stärker, wenn man auf die Situation an den Kapitalmärkten der vergangenen Jahre schaut. Festverzinsliche Papiere wie Bundesanleihen werfen kaum noch Renditen ab, unterliegen aber bisweilen spürbaren Kursschwankungen. Das spüren auch gemeinnützige Stiftungen, die in besonderem Maße darauf angewiesen sind, bei so geringem Risiko wie möglich eine dauerhafte Ausschüttungssicherheit darzustellen.


Das ist schon gesetzlich so vorgegeben. Laut den Vorgaben des Gesetzgebers ist es zentrale Aufgabe der Stiftung selbst, eine Anlagestrategie zu entwickeln, die den Anlagezielen „Vermögenserhaltung“ und „Zweckverwirklichung“ ausreichend Rechnung trägt. So heißt es beispielsweise in Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayStG: „Das Vermögen der Stiftung ist sicher und wirtschaftlich zu verwalten“ und in Art. 6 Abs. 2 BayStG: „Das Vermögen ... (Grundstockvermögen), ist ungeschmälert zu erhalten.“ § 80 Abs. 2 BGB verlangt die „dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks“. Zumal auf den Stiftungsvorstand auch Haftungsrisiken warten, wenn Kapital aufgrund falscher Anlagenentscheidungen vernichtet wird – nach BGB fungiert er als Treuhänder fremden Vermögens. Deshalb steht die Vermeidung von bewusst eingegangen Kapitalmarktrisiken in unmittelbaren Zusammenhang mit der Kapitalanlage – egal in welche Anlageklassen investiert wird.


Risikomanagement für Stiftungen bei allen Investitionsentscheidungen ist einmal mehr das Stichwort und die Herausforderung überhaupt für jeden Stiftungsvorstand und Vermögensverwalter. Zwingende Voraussetzung überhaupt ist der Erhalt des Stiftungsvermögens beziehungsweise Deckungsstock. Die Praxis zeigt aber, dass der Umgang damit nicht immer vertrauensvoll ist. Ein entsprechendes Beispiel aus Hessen aus 2016 zeigt auf, wie die Vermögensverwaltung auch bei gemeinnützigen Stiftungen oftmals von Eigeninteresse und Gewinnmaximierung getrieben werden. Hier gilt es zu beachten, dass viele Stiftungsvorstände außer Acht lassen, dass „Insichgeschäfte“ nach §181 BGB untersagt sind. Dies sollte ein Stifter beim Aufsetzen einer Stiftungssatzung durchaus mit aufnehmen. Es darf aber nicht sein, dass in Produkte investiert wird, die als unternehmerische Beteiligungen Nachschusspflichten mit sich bringen, nur weil diese für den Asset Manager lukrativ provisioniert sind.


Ein solches Vorgehen wird schon über die gesetzlich reglementierten Stiftungssatzungen ausgeschlossen, die regelmäßig strenge, eng ausgelegte Anlagerichtlinien vorsehen. Setzen sich Vermögensverwalter über diese Vorgaben hinweg, kann dies für Stiftungen zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Diese können bis zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit reichen. Das wirkt sich dann auf die steuerliche Gestaltung innerhalb der Gemeinnützigkeit aus, aber auch auf die Möglichkeiten, über den sozial-karitativen und gesetzlich geschützten Ansatz Unterstützer zu akquirieren, die wiederum das Vermögen und damit die Spielräume zur Erfüllung des Stiftungszwecks.


Es ist deshalb unumgänglich, dass Vermögensverwalter wirklich unabhängig und frei von Produktinteressen für Stiftungen tätig werden – genau wie sie mit dem Vermögen der privaten Anleger umgehen sollten. Gerade bei gemeinnützigen Stiftungen, die zur Erfüllung ihres Stiftungszwecks und der Deckung der Verwaltungskosten auf jeden Ertrag aus dem Stiftungsvermögen angewiesen sind, muss das Risikomanagement bereits dabei beginnen, Gebühren für die Geldanlage so weit wie möglich reduzieren – niedrige Kosten sind der erste Schritt zur Rendite.


Weiterhin umfasst das Stiftungs-adäquate Risikomanagement Lösungen dafür, die strengen Vorgaben des Anlage-Regimes zu erfüllen und dabei trotzdem Rendite zu generieren. Dafür muss gemeinsam mit der Stiftung erarbeitet werden, was wirklich gewünscht ist. Entscheidend ist, das Risikoprofil der Einrichtung genau zu ermitteln und dann sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, die in diesem Rahmen für Ausschüttungen sorgen und das Vermögen gleichzeitig gegen Risiken absichern können. Dafür existieren zahlreiche Instrumente, deren Einsatz der Vermögensverwalter eng mit der Stiftung und den Anlagerichtlinien abstimmen muss.


Gleiches gilt auch für die Aktienquote. Wie hoch darf diese laut Satzung sein, und welche Werte dürfen überhaupt gekauft werden? Das sind Fragen, die im Rahmen des Risikomanagements professionell beantwortet werden müssen. Ein Vorgehen, das sich in der Praxis bewährt hat, ist eine sehr breite Allokation in substanzstarke Aktien aus Europa und den USA – aber das in jeweils (sehr) kleinen Tranchen. Diese geschickte Auswahl hat mehrere Vorteile für eine Stiftung: Sie profitiert von der Wertentwicklung und den Dividendenausschüttungen zahlreicher Werte, ist aufgrund der breiten Streuung weniger anfällig für plötzliche Kursrückgänge und die Aktienquote kann dennoch vergleichsweise niedrig bleiben. Das sorgt für stabile Ausschüttungen, durch die die Stiftung ihre Arbeit finanzieren kann.


Trotz allem ist jederzeit darauf zu achten, dass bisweilen eine behutsame Anpassung der Richtlinien sinnvoll sein kann, um der neuen Situation an den Kapitalmärkten adäquat zu begegnen. Dies ist aber nur in enger Abstimmung mit der Stiftung möglich und darf kein Alleingang des Vermögensverwalters sein, um sich die Arbeit zu erleichtern. Es ist eine strategische Kernaufgabe des Risikomanagements, die Anlagerichtlinien dynamisch so zu gestalten, dass sie ein erfolgversprechendes Rendite-Risikoprofil zulassen.


Dieser Ansatz hat auch mit dem langfristigen Gedanken der Stiftungserrichtung zu tun. Der Stifter hat eine Vision, mit der er über seine eigene Lebenszeit hinweg über das Vehikel der Stiftung etwas bewegen möchte. Diese Nachhaltigkeit findet sich im vertrauensvollen Umgang mit dem Stiftungsvermögen wieder, sodass das Risikomanagement in der Vermögensverwaltung ein integraler Bestandteil dafür ist, dass die Stiftung ihren gemeinnützigen Zweck erfüllen und langfristig im Sinne des Stifters bestehen und agieren kann.