Familienstiftung und Testamentsvollstreckung - Vergleich zweier Instrumente zur langfristigen Versorgung der Familie

VON THORSTEN KLINKNER

Die Instrumente der Familienstiftung und der Testamentsvollstreckung können aus einem identischen Motiv eingesetzt werden. Dieses Motiv ist der dauerhafte Erhalt einer Ertragsquelle (Vermögensschutz) und die Förderung der Begünstigten aus den Erträgen. Die Wesensmerkmale und Unterschiede der Familienstiftung und der Testamentsvollstreckung sind nachfolgend zusammengefasst.


  1. Merkmale einer Testamentsvollstreckung (§§ 2197 bis 2202 BGB)

 

Die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers bietet einem Erblasser die Möglichkeit, auch nach seinem Tod die Umsetzung seines Willens über die Verwendung des Nachlasses zu sichern. Der Erblasser kann dazu einem Testamentsvollstrecker die Ausführung seiner letztwilligen Verfügungen (§ 2203 BGB), die Auseinandersetzung unter den Miterben (§ 2204 BGB) und die Verwaltung des Nachlasses übertragen.

 

Typischerweise wird Testamentsvollstreckung angeordnet, wenn die Zahl der Erben hoch ist, ein besonderes Schutzbedürfnis von Erben besteht oder die Verfügung über den Nachlass besondere rechtliche und wirtschaftliche Qualifikationen erfordert.

 

In Form der Dauertestamentsvollstreckung kann die Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker bis zu 30 Jahre über den Tod des Erblassers hinaus angeordnet werden, § 2210 Satz 1 BGB. Alternativ kann der Erblasser anordnen, dass die Verwaltung bis zum Tode des Erben oder des Testamentsvollstreckers (ohne die o. g. Befristung auf 30 Jahre) fortgeführt werden soll, § 2210 Satz 2 BGB.

 

Im Hinblick auf einen möglichen Erbfall des Testamentsvollstreckers oder den Fall, dass dieser das Amt ausschlägt, empfiehlt sich die Ernennung zumindest eines Ersatztestamentsvollstreckers.

 

Die Testamentsvollstreckung bewirkt eine verwaltungsmäßige Verselbstständigung der Erbmasse, da der Erbe nicht über die Vermögensgegenstände verfügen kann, die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegen, § 2211 Absatz 1 BGB. Es kommt zu keiner Verselbstständigung des Vermögens, da der Erbe – trotz fehlender Verfügungsgewalt – im Zeitpunkt des Todes Erblassers Inhaber des Vermögens wird.

 

Die Anordnung der Testamentsvollstreckung bewirkt keinen Schutz vor Inanspruchnahme des Erben durch Pflichtteilsberechtigte. Pflichtteilsansprüche müssen direkt gegen den oder die Erben geltend gemacht werden, der Testamentsvollstrecker ist nicht passiv legitimiert, § 2213 Absatz 1 Satz 3 BGB. Da der Testamentsvollstrecker aber ohnehin zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses verpflichtet ist (§ 2215 BGB) und dem Erben auf dessen Verlangen die erforderlichen Informationen mitteilen muss, vereinfacht sich für den Erben zumindest die Auskunftserteilung gegenüber den Pflichtteilsberechtigten.

 

Die Erbschaftsteuer entsteht ungeachtet der Testamentsvollstreckung im Zeitpunkt des Todes des Erblassers, §§ 9 Absatz 1 Nummer 1, 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 ErbStG.

 

  2.   Merkmale einer rechtsfähigen Familienstiftung (§§ 80 bis 88 BGB)

 

Die rechtsfähige Familienstiftung (§§ 80 bis 88 BGB) ist eine mit Rechtsfähigkeit ausgestattete, nicht verbandsmäßig organisierte Einrichtung, die einen vom Stifter bestimmten Zweck mit Hilfe eines dazu gewidmeten Vermögens dauernd fördern soll. Es handelt sich damit um eine juristische Person des privaten Rechts in Form eines verselbstständigten Zweckvermögens, die weder außenstehende Eigentümer noch Anteilseigner, Gesellschafter oder Mitglieder kennt.

 

Zur Entstehung einer rechtsfähigen Familienstiftung sind das Stiftungsgeschäft (der eigentliche Errichtungsakt) und die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes erforderlich, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll, § 80 Absatz 1 BGB.

 

Möglich ist ein Stiftungsgeschäft unter Lebenden (§ 81 Absatz 1 BGB) oder von Todes wegen (§§ 83, 84 BGB). Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden bedarf der Schriftform und muss die verbindliche Erklärung des Stifters enthalten, ein Vermögen zur Erfüllung eines von ihm vorgegebenen Zweckes zu widmen, das auch zum Verbrauch bestimmt werden kann, § 81 Absatz 1 Satz 1 und 2 BGB. Durch das Stiftungsgeschäft muss die Familienstiftung eine Satzung erhalten, in der Name, Sitz und Zweck der Familienstiftung, das Stiftungsvermögen und die Bildung des Stiftungsvorstands zu regeln sind, § 81 Absatz 1 Satz 3 BGB.

 

Wird die Familienstiftung durch die zuständige Landesbehörde als rechtsfähig anerkannt, so ist der Stifter verpflichtet, das in dem Stiftungsgeschäft zugesicherte Vermögen auf die Familienstiftung zu übertragen, § 82 Satz 1 BGB. Da dem Stifter das Vermögens entzogen ist und dieser aus den o. g. Gründen im Gegenzug auch keine Anteile an der Familienstiftung erhalten kann, ist das Stiftungsvermögen im Erbfall des Stifters vor einer Zersplitterung durch eine generationenübergreifende Erbfolge geschützt.

 

Sind seit der Leistung des jeweils auf die Familienstiftung übertragenen Vermögensgegenstands zehn Jahre verstrichen, bleibt dieser bei der Berechnung der Pflichtteilsergänzungsansprüche der Erben des Stifters in Gänze unberücksichtigt, § 2325 Absatz 3 Satz 2 BGB. Sind weniger als zehn Jahre vergangen, geht für jedes nicht abgelaufene Jahr der Zehnjahresfrist ein Zehntel der Schenkung in die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ein, § 2325 Absatz 3 Satz 1 BGB. Durch die Familienstiftung kann somit dem Problem von Abfindungszahlungen an Pflichtteilsberechtigte vorgebeugt werden.

 

  3.    Vorteile einer Testamentsvollstreckung

 

Die Testamentsvollstreckung weist bei einem eher geringen Vermögen, also Barvermögen von weniger als ca. EUR 50.000 (für das auch keine ertragsbringende Investition in Aussicht steht), ertragsschwachen Unternehmen(-sbeteiligungen) oder Immobilien Vorteile gegenüber der Familienstiftung auf. Anders als die Errichtung einer Familienstiftung, deren Vermögensausstattung zur Erfüllung des Stiftungszwecks ausreichen muss, setzt eine Testamentsvollstreckung kein Mindestvermögen samt behördlichem Anerkennungsverfahren voraus und gewährleistet dennoch einen Einfluss des Erblassers auf die Verwendung des Nachlasses über seinen Tod hinaus.

 

  4.    Vorteile einer Stiftung

 

Anders als im Fall einer Testamentsvollstreckung, werden durch die Familienstiftung die Probleme der Vermögenszersplitterung im Zuge der generationenübergreifenden Erfolge und des Liquiditätsabflusses in Folge von Abfindungszahlungen an pflichtteilsberechtige Erben gelöst.

 

Da die Testamentsvollstreckung durch die gesetzlichen Höchstfristen stets zeitlich begrenzt ist und es zum Erbfall des Testamentsvollstreckers (und auch eines eventuellen Ersatztestamentsvollstreckers) kommen kann, gewährleistet nur die Familienstiftung die langfristige, generationsübergreifende Vermögenssicherung.

 

Als Unternehmensnachfolgelösung kann die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers kritisch sein, da der Testamentsvollstrecker regelmäßig nicht gleichzeitig die Anforderungen an einen Testamentsvollstrecker und einen führungs- sowie branchenerfahrenen Geschäftsführer erfüllt. In solchen Fällen bietet sich eher die Einsetzung des Testamentsvollstreckers als Aufsichts-/ Beirat an. Der Stiftungsvorstand der Familienstiftung kann zur Abdeckung der erforderlichen Fach- und Methodenkompetenz aus mehreren Mitgliedern zusammengestellt werden im Fall eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden bereits zu Lebzeiten des Stifters eingearbeitet und im Bedarfsfall ergänzt werden.

 

Der Stiftungsvorstand und dessen Einhaltung des Stifterwillens unterliegen der Aufsicht der Landesstiftungsbehörde. Der Testamentsvollstrecker unterliegt keiner Kontrolle (etwa durch ein Gericht oder eine Behörde), womit die Erben nur begrenzte Kontrollmöglichkeiten haben.