Das Unternehmen vor dem Verkauf bewahren

VON THORSTEN KLINKNER

Eine Unternehmens- oder Familienstiftung bietet sich für Unternehmer als Option an, wollen sie die Risiken von Verkauf oder Zersplitterung ihres Unternehmens ausschalten. Eine Stiftung ist eigentümerlos, weshalb keine handelbaren Anteile des eingebrachten Unternehmens existieren.


Dass es der Wirtschaft im Jahre 2014 im Großen und Ganzen gut geht, machen Experten gerne an der Entwicklung der M&A-Marktes fest. M&A: Das steht für Mergers & Acquisitions und bezeichnet Unternehmensfusionen und -käufe. Davon hat die Wirtschaftswelt in den ersten acht Monate des Jahres bereits eine beachtliche Zahl gesehen und das vor allem auch in zum Teil extremen Dimensionen. Nur zwei Beispiele für großvolumige Transaktionen sind die Übernahmen von Time Warner durch Comcast (68,5 Milliarden US-Dollar) und WhatsApp durch Facebook (16 Milliarden US-Dollar). Diese und andere M&A-Deals haben das noch laufende 2014 bereits jetzt an die Spitze einer Sieben-Jahres-Kurve katapultiert.


Gewiss, solche Unternehmenskäufe sind stark medienwirksam und stehen wegen der hohen Werte unter besonderer Beobachtung. Aber freilich sind es nicht nur die Comcasts und Facebooks dieser Welt, die sich andere Unternehmen in ihrem Wachstumshunger einverleiben. Auch im Mittelstand finden zahlreiche Transaktionen statt, Firmen oder zumindest Teile wechseln den Besitzer, werden in Holdings integriert, erhalten neue Namen, werden segmentiert und weiter verkauft und, und, und. Kurzum: Mergers & Acquisitions sind auch im Mittelstand mehr oder weniger an der Tagesordnung – mit starken Auswirkungen auf die Unternehmen, die gekauft werden. Für sie bedeutet ein solcher Deal sehr häufig das Ende der traditionellen Struktur und das nicht nur, weil sich Stimmanteile oder die Gesellschafter ändern. Auch Mitarbeiter und Strategie, Kultur und Philosophie stehen immer wieder auf dem Prüfstand, mit dem Resultat, dass nach der Akquisition kaum noch etwas ist, wie es einmal war.

Doch wie kommt es überhaupt zu Firmenverkäufen im Mittelstand? Wer gibt den Impuls dafür? Einen M&A-Deal aus Verkäufersicht in Betracht zu ziehen, kann mehrere Gründe haben. Zum Beispiel den, dass der Inhaber keinen geeigneten Nachfolger findet; oder auch den, dass die Familie des Unternehmers (oder ein Teil dieser) nach dessen Tod die Firma versilbern will, um sich ein luxuriöses Leben damit zu finanzieren; oder sei es, weil die Erbengeneration, auf die der Unternehmer große Stücke gesetzt hat, sich über die strategische Ausrichtung zerstreitet und deshalb einzelne Gesellschafter ausscheren und ihre Anteile verkaufen, etwa an einen Finanzinvestor, der auf diese Weise schnell eine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung erlangen kann.

Das ist alles nichts, was ein Familienunternehmer sich für seine Organisation wünscht, die er über Jahre und Jahrzehnte aufgebaut und geführt hat, die seine Handschrift trägt und dessen Mitarbeiter zu einem Teil der Familie geworden sind. Er will den Erhalt über die eigene Lebenszeit hinweg sehen, er will die Mitarbeiter als das Kernkapital seines Unternehmens versorgt wissen, er will, dass sein Lebenswerk weiterhin Bedeutung hat, im besten Falle wirtschaftlich und gesellschaftlich.

Doch mit herkömmlichen gesellschaftsrechtlichen Strukturen kann kein Unternehmer die Möglichkeit von Verkauf oder Zersplitterung verhindern. Was kann er also tun? Eine Option bietet ihm die privatnützige Stiftung. Diese fungiert als Brandmauer vor dem Unternehmen und verhindert das Eindringen fremder Parteien und den Verlust der Kontrollrechte. Die Funktionsweise ist simpel: Eine Unternehmens- oder Familienstiftung wird durch Schenkung (zu Lebzeiten) oder Vererbung (von Todes des Stifter-Unternehmers Wegen) zur Eigentümerin einer Ertragsquelle, also des Familienunternehmens. Dieser Eigentümerwechsel setzt einen Mechanismus in Kraft, der so bei anderen rechtlich zulässigen Instrumenten nicht zu finden ist: Eine Stiftung ist eigentümerlos, sie ist eine juristische Person, an der keine Mitgliedschafts- oder Vermögenswerte Beteiligungsrechte bestehen oder anders formuliert: Eine Stiftung hat weder Gesellschafter noch Aktionäre. Damit kann die Stiftung nicht wie ein Unternehmen beispielsweise in der Gesellschaftsform der GmbH aufgelöst oder veräußert werden, selbst wenn sie eine solche GmbH als Ertragsquelle betreibt.

Das heißt konkret: Die Stiftung sichert auf alle Zeiten den Fortbestand des Unternehmens, denn es existieren vom Tag des Erwerbs durch die Stiftung an keinerlei handelbare Anteile mehr. Damit wird auch die Gefahr von Zersplitterung und Veräußerung vollständig eliminiert – wo keine Anteile verfügbar sind, können sie auch nicht verkauft werden. Zugleich bedeutet dies aber nicht, dass die an die Gesellschaftsanteile gekoppelten Ausschüttungen versiegen. Begünstigte der Stiftung erhalten regelmäßige Zuwendungen in vorher festgesetzter Höhe, um die finanzielle Versorgung zu gewährleisten.

Die Stiftung bietet sich also mittelständischen Familienunternehmern als Instrument für den langfristigen Erhalt des Unternehmens an – vor allem vor dem Hintergrund versuchter Teil- oder Komplettverkäufe. Diese Möglichkeit wird ausgeschlossen, sodass ein Stiftungsunternehmen zwar als normaler Marktteilnehmer mit einer traditionellen gewerblichen Ausrichtung auftreten kann, sich gleichzeitig aber mit einem undurchdringbaren Panzer umgibt, der ihn vor allen „Verlockungen“ von verkaufswilligen Familienmitgliedern und kauffreudigen Investoren oder Konkurrenten schützt.