· 

Zins und Dividende in der Stiftungsstrategie

Frank Ringelstein

 

VON FRANK 

RINGELSTEIN

 

 

Ein verlorenes Jahrzehnt?

Nach einem "verlorenen Jahrzehnt" auf dem Anleihenmarkt - insbesondere für konservativ anlegende Stiftungen - eröffnen die weiter steigenden Zentralbank-Leitzinsen seit einigen Monaten wieder zunehmend attraktive Investmentmöglichkeiten im Anleihebereich. Vorausgesetzt natürlich, das Anleihen-Exposure wurde nicht zu langfristig angelegt, ausreichend taktische Liquidität steht zur Verfügung und Mittelzuflüsse sowie Fälligkeiten können auf Sicht genutzt werden, um Neuinvestitionen im Anleihenbereich zu tätigen. Bei einer nach wie vor inversen Zinsstrukturkurve liegen dabei die eher kürzeren Restlaufzeiten von 1 bis 3 Jahren im Fokus vieler Asset-Manager, die so zuletzt Einstandsrenditen von um 4 % p.a. in die Portfolios aufnehmen konnten. Dem Durationsmanagement der Stiftungsverwalter kommt somit in der Rückschau eine ganz besondere Bedeutung zu.  


Eine Zäsur für Stiftungen

Allerdings hat das letzte Jahrzehnt mit seiner Null- bzw. Negativzinsphase auch zu dem durchaus positiv zu bewertenden Effekt geführt, dass sich Stiftungen zunehmend der Aktie und weiteren Assetklassen geöffnet haben, um die notwendigen Erträge zur Erfüllung des Stiftungszwecks zu erwirtschaften. Für manchen Anlageausschuss - und Landesbehörde - konnte so, wenn auch notgedrungen, ein gewisser Lern- und Gewöhnungsprozess gegenüber der früher mit Skepsis betrachteten Anlageklassen initiiert werden.

 

So positiv die Zinserhöhungen für die rentenorientierten Anleger zu bewerten sind, sorgte jedoch gerade die Geschwindigkeit der Zinsanhebungen durch die Zentralbanken zeitgleich insbesondere im Bankensektor für größere Turbulenzen, denen sich auch viele andere Sektoren in den letzten Monaten nicht entziehen konnten.

 

Die Sorge der Marktteilnehmer um eine neue Finanz- und Wirtschaftskrise konnten die westlichen Notenbanken mit schnellen Gegenmaßnahmen vorerst nehmen, doch nicht zuletzt durch die - wenngleich unterschiedlich gelagerten - Fälle der Credit Suisse und First Republic ist auch weiterhin eine gewisse Restnervosität im Markt verblieben, die auch durch die andauernden geopolitischen Spannungen weiter gespeist werden.

 


Ein Comeback zeichnet sich ab

Letzten Endes verdeutlichen die jüngsten Zinsschritte der amerikanischen und Europäischen Zentralbank von Anfang Mai aber nicht nur die konsequenten Bemühungen zur Eindämmung der Inflation, sondern auch ein gewisses Zutrauen in die heimischen Volkswirtschaften, sich in diesem Umfeld resilient zu behaupten. Auch wenn zunächst geringere Unternehmensgewinne mit einem geringeren Wirtschaftswachstum einhergehen werden, ist damit mittel- bis langfristig die Aussicht für die Aktienmärkte durchaus positiv zu bewerten.

 

Fazit: Es kann wieder realistisch darüber nachgedacht werden, Anleihen zur Erzielung von regelmäßigen Erträgen einzubeziehen, was in den letzten Jahren nahezu unmöglich war. Das sind gute Nachrichten für konservative Anleger, die eher ausgewogen und nicht rein aktienorientiert investieren wollen. Dennoch wird es auch hier langfristig - bei weiterhin hohen Inflationsraten - nicht vollständig ohne die Aktie gehen. Ein Comeback von Zins und Dividende zeichnet sich ab, in dem Stiftungen - anders als früher - künftig vielleicht beide gleichermaßen in ihrer Strategie berücksichtigen.

 

Autor:

Frank Ringelstein

Gründer und Asset Manager von Ringelstein & Partner

info@ringelsteinpartner.de

Tel.: 0201 84959-0