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Die Besteuerung ausländischer Vermögensmassen am Beispiel des angloamerikanischen Trusts

VON THORSTEN KLINKNER

 

 

Die jüngsten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zur Behandlung angloamerikanischer Trusts bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer (BFH vom 25.06.2021 – II R 40/18, II R 13/19 und II R 31/19) geben Anlass, sich mit rechtsformspezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden des Trusts im Vergleich zu ausländischen Stiftungen zu befassen. Im ersten Teil unseres Stifterbriefs zur Auswirkung der Rechtsprechung des BFH zum angloamerikanischen Trust auf die Behandlung ausländischer Vermögensmassen und ausländische Stiftungen befasst sich zunächst mit den Grundlagen eines Trusts als klassischen Fall einer ausländischen Vermögensmasse.

 

Die Grundlagen zum Trust und Leitlinien des BFH zur (In-) Transparenz von ausländischen Vermögensmassen


Ausländische Stiftungen im deutschen Erbschaft- & Schenkungssteuerrecht: Die Grundlagen des Trusts.

Der Trust ist ein im angelsächsischen Rechtskreis verbreitetes Rechtsinstitut des Common Law, welches eine rechtlich verselbstständigte Vermögensmasse ohne eigene Rechtspersönlichkeit darstellt. Hierbei verwaltet der Trust als eine Art Sondervermögen das vom ursprünglichen Vermögensinhaber und Errichtenden des Trusts (Settlor) zur Verfügung gestellte Vermögen.

 

Anders als eine Stiftung ist ein Trust nicht auf die Erfüllung eines Stiftungszwecks, sondern auf die Begünstigung einer bestimmten Person (Beneficiary) ausgerichtet. Die vom Settlor des Trusts in der Errichtungsurkunde (Trust Deed) bestimmten Verpflichtungen in Bezug auf die Verwaltung und Begünstigung werden von einem Vermögensverwalter (Trustee) berücksichtigt.

 

Die konkrete Ausgestaltung des Trusts bestimmt sich in der Regel nach dem jeweiligen Landesrecht des Sitzstaats. Typischerweise kommt es bei einem Trust zu einer dem deutschen Zivilrecht fremden Spaltung von wirtschaftlichem Eigentum und rechtlichem Eigentum.

Abweichend von dem das deutsche Sachenrecht prägenden Typenzwang erlaubt die Ausgestaltung des Trusts im ausländischen Recht den Trustee als Legal Owner und den Beneficiary als Equitable Owner zu qualifizieren. Eine solche Trennung von wirtschaftlichem Eigentum und rechtlichen Eigentum kennt hingegen das deutsche Steuerrecht in § 39 Abs. 2 Nr.1 AO.

 

Je nach Ausgestaltung kann ein Trust selbstständig und intransparent sein, in deren Konsequenz steuerlich eine Zurechnung des Sondervermögens beim Trustee erfolgt. Andernfalls kann ein Trust auch als unselbstständiges Sondervermögen ausgestaltet werden, sodass dem Settlor das Eigentum weiter zugerechnet bleibt.

 

Für eine rechtsgültige Errichtung eines rechtsgeschäftlich errichteten Trusts (Express Trust) sind drei Kernvoraussetzungen zu erfüllen, die sinngemäß auch bei der Ausgestaltung ausländischer Stiftungen eine wichtige Funktion spielen:

  • Gewissheit über den Willen des Settlors (Certainty of Intention),
  • Exakte Benennung des Trustvermögens (Certainty of Subject Matter),
  • Definition des Kreises der Begünstigten (Certainty of Beneficiaries).

 

 

 

Die Erscheinungsformen des Trusts.

Neben der Frage einer Transparenz bzw. Intransparenz des Trusts wird bei der rechtsgeschäftlichen Ausgestaltung eines Trusts klassischerweise zwischen einem Testamentary Trust und einem Inter Vivos Trust unterschieden.

Beim Testamentary Trust will der Settlor erreichen, dass seine Erben zunächst noch nicht die vollständige Verfügungsmacht über das Sondervermögen erhalten, sondern erst im Zuge seines Ablebens. Diese Form eines Trusts ist am ehesten mit der deutschen (Dauer-) Testamentsvollstreckung oder der Anordnung von Vor- und Nacherbschaft vergleichbar. Weshalb diese Erscheinungsform in Deutschland nach Maßgabe von § 2084 BGB im Zweifelsfall einheitlich nach erbrechtlichen Maßstäben ausgelegt bzw. umgedeutet wird.

 

 

Demgegenüber erlaubt der Inter Vivos Trust eine Vermögensübertragung zu Lebzeiten des Settlors, was insbesondere in den USA dazu genutzt wird, das Vermögen des Errichters (Settlor) aus dem Nachlass auszuschließen, um so ein oft langwieriges und kostenintensives Nachlassverfahren („Probate-Verfahren“) zu vermeiden.


(In-) Transparenz von ausländischen Vermögensmassen und Stiftungen im deutschen Erbschaftsteuerrecht

Zwar mögen ausländische Vermögensmassen (Trusts) und ausländische Stiftungen auf den ersten Blick rechtsformspezifische Unterschiede aufweisen. So ist eine ausländische Stiftung regelmäßig ein eigenständiges Rechtssubjekt und Zurechnungssubjekt hinsichtlich des Stiftungsvermögens. Demgegenüber unterscheidet sich der Trust als Sondervermögen, besonders im Hinblick auf die Zugriffsmöglichkeit des Settlors auf das gebundene Vermögen. Die jüngsten Entscheidungen des BFH vom 25.06.2021 (vgl. insbesondere Az.: II R 13/19) machen jedoch deutlich, dass für Zwecke der Erb- und Schenkungsteuer Stiftungen und ausländische Vermögensmassen weitgehend gleichgestellt sind.

 

Ausländische Vermögensmassen, zu denen auch der angloamerikanische Trust gehört, unterliegen bei der Errichtung oder Übertragung von Vermögen auf eine wirksam gegründete, rechtlich selbstständige und intransparente Vermögensmasse ausländischen Rechts den gleichen gesetzlichen Rahmenbedingungen wie ausländische Stiftungen (vgl. §§ 3 Abs.2 Nr.1 Satz 2, 7 Abs.1 Nr.8 Satz, 7 Abs.1 Nr.9 Satz 2 ErbStG).

 

Die Rechtsprechung des BFH vom 25.06.2021 stellt klar, dass für die rechtliche Einordnung der ausländischen Vermögensmasse (Trust) das jeweilige ausländische Recht maßgeblich ist. Aus diesem Grund sind die Finanzgerichte von Amts wegen verpflichtet zu ermitteln, nach welchen ausländischen (Auslegungs-) Maßstäben der jeweilige Trust errichtet worden ist und welche konkreten Regelungen für den jeweiligen Trust bestehen. Hierbei ist der Settlor, wie der Stifter bei einer Auslandsstiftung, nach Maßgabe der erweiterten Mitwirkungspflichten für ausländische Sachverhalte (§ 90 Abs.2 AO) verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhalts durch Vorlage der erforderlichen Beweismittel aktiv mitzuwirken, bzw. alle bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.

 

In diesem Zusammenhang hat der BFH in seiner Entscheidung zum Aktenzeichen II R 13/19 klargestellt, dass sowohl ausländische Stiftungen als auch ausländische Vermögensmassen, auf der Grundlage der jeweiligen Rechtsordnung zu beurteilen sind, die die Rechtsverhältnisse bestimmt. Hat sich der Errichter (Settlor bzw. Stifter) umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen vorbehalten, sodass die Vermögensmasse ihm gegenüber über das Vermögen nicht tatsächlich und frei verfügen kann, bleibt dieses Vermögen nach dem BFH solches des Errichters und steht einem eigenen Bankguthaben gleich. Ob das übertragene Vermögen also trotz Überführung an den Trust oder die Stiftung weiterhin dem Settlor bzw. dem Stifter zugerechnet wird, hängt maßgeblich von seiner Loslösung vom übertragenen Vermögen ab. Sehen die Errichtungsdokumente eine freie Verfügungsmöglichkeit oder eine jederzeitige Rückübertragung an den Stifter bzw. Settlor vor, so erfolgt trotz Selbständigkeit der ausländischen Stiftung für Zwecke der Erb- und Schenkungsteuer eine transparente Betrachtung und eine Zurechnung des Vermögens beim Errichter (Stifter bzw. Settlor).


Fazit: Die Entscheidung des BFH zum Aktenzeichen II R 31/19 zeigt, dass ausländische Stiftungen vergleichbaren Maßstäben wie ausländische Vermögensmassen unterliegen und für deren rechtliche Ausgestaltung nicht allein deutsches Recht herangezogen werden kann. Vielmehr sind die zuständigen Finanzbehörden und Finanzgerichte verpflichtet, das jeweilige ausländische Recht für zivilrechtliche Vorfragen bei der steuerlichen Behandlung von ausländischen Stiftungen oder ausländischen Vermögensmassen zu berücksichtigen. Spiegelbildlich kommt dem Stifter bzw. Settlor für Auslandssachverhalte eine besondere Mitwirkungsverpflichtung zu. Die Entscheidung zeigt, dass bei der Errichtung von ausländischen Vermögensmassen und Stiftungen besonderes Augenmerk auf eine tatsächliche und rechtliche Loslösung vom Vermögen erforderlich ist. Stifter und Settlor sollten daher schon bei der Errichtung der Stiftung (bzw. dem Trust) auf eine sachgerechte Satzungsgestaltung achten und fortlaufend eine ordnungsgemäße Dokumentation der Vermögensverwaltung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorhalten.