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Grunderwerbsteuer bei Übertragung von Betriebsvermögen

Grunderwerbsteuer beim Aufbau von Stiftungsstrukturen (Teil 2 von 4)

VON THORSTEN KLINKNER

 

In Teil 1 unserer vierteiligen Stifterbriefreihe zur Grunderwerbsteuer haben wir Ihnen die grunderwerbsteuerrechtlichen Implikationen einer Übertragung von Immobilienvermögen aus dem steuerlichen Privatvermögen auf eine Stiftungsstruktur erläutert. In diesem Teil möchten wir Ihnen die Übertragung von Immobilienvermögen im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft und einer Kapitalgesellschaft auf die Stiftungsstruktur erläutern.

 

Steuerbefreiung für Grundstücksschenkungen auch bei Anteilsübertragung?

 

Ausgangspunkt unserer Betrachtung ist auch bei der Übertragung von Grundstücken im Betriebsvermögen die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr.2 GrEStG, nach der Grundstücksschenkungen von der Grunderwerbsteuer befreit sind. Der Wortlaut dieser Vorschrift erfasst nur den Erwerb eines Grundstücks von Todes wegen oder durch Schenkung. Ob und inwieweit die Steuerbefreiung auch auf den Anteilserwerb an grundbesitzenden Gesellschaften übertragbar ist, war lange Zeit umstritten. Für Anteilsschenkungen wollte die Finanzverwaltung diese Befreiungsvorschrift zunächst nicht anwenden.


Gesellschafterbestandsveränderungen bei Personengesellschaften

Für steuerbare Änderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft (für Bestandsveränderungen von mindestens 90 %) unterstellt das Grunderwerbsteuergesetz (§ 1 Abs.2a GrEStG) nämlich von Gesetzes wegen eine steuerbare Grundstücksübertragung, sodass sich die Frage nach der Anwendbarkeit der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr.2 GrEStG stellt (Gottwald/Behrens/Böing/Seemaier, Grunderwerbsteuer, Kap. 3, Rn. 69-70).

 

Geklärt ist mittlerweile durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des BFH (BFH v. 12.10.2006 - II 79/05, BStBl. II 2007, 407; BFH v. 23.05.2012, II R 21/10, BStBl. II 2012, 793), der sich die Finanzverwaltung angeschlossen hat (Gleichl. Erlass v. 19.9.2018 – BMF-Az.: IV C 7 - S 4505/07/10001:002), dass steuerbare Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft in Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG insoweit nach § 3 Nr.2 GrEStG steuerbefreit sind, als sie auf einer schenkungsweisen Anteilsübertragung beruhen. Dies begründet der BFH im Kern damit, dass die Steuerbefreiung nicht nur für die Grundstücksschenkung an sich gelten soll, sondern zur Vermeidung einer Doppelbelastung mit Schenkungs- und Grunderwerbsteuer auch für solche Schenkungen, deren Gegenstand Anteile an einer Personengesellschaften sind.

 

Übertragbarkeit auf Anteilsvereinigungen bei Kapitalgesellschaften

Diese Rechtsprechung ist seit 2012 auch auf Anteilsvereinigungen (§ 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG) an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft anwendbar. Als Anteilsvereinigung gelten solche Fälle, in denen durch eine Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers, oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen, oder abhängigen Personen, oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden.

 

Neueinführung von § 1 Abs. 2b GrEStG im Zuge der Grunderwerbsteuerreform

 

Im Zuge der jüngsten Grunderwerbsteuerreform zum 01.07.2021 wurde eine besondere Steuerbefreiungsvorschrift für Kapitalgesellschaften mit § 1 Abs. 2b GrEStG ergänzend eingeführt.

 

Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück, und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2b GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.

 

Ob die seit 2012 für Anteilsübertragungen und Anteilsvereinigungen geltende Verwaltungspraxis bzw. Rechtsprechung auch auf die Neuregelung des § 1 Abs. 2b GrEStG Anwendung findet, ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden. Das Ziel einer Vermeidung einer Doppelbelastung dürfte allerdings auch für diese Fälle eine Steuerbefreiung von Anteilsschenkungen gemäß § 3 Nr.2 GrEStG gelten. Im Zuge des jüngsten gleichlautenden Erlasses vom 10.05.2022 hat die Finanzverwaltung Anwendungsfragen zu § 1 Abs.2a und Abs.2b GrEStG jedenfalls einheitlich behandelt.

 

Steuerbefreiung bei Übertragungen an eine Gesamthand

Im Vorfeld einer Stiftungserrichtung kann es sinnvoll sein, im Privatvermögen bereits vollständig abgeschriebene Immobilien auf ein Gesamthandsvermögen (beispielsweise eine Kommandit-gesellschaft) zu übertragen, um neues Abschreibevolumen zu schaffen (sog. step up). In diesem Zusammenhang sind bei der Übertragung auf eine gewerblich geprägte Personengesellschaft folgende grunderwerbsteuerliche Implikationen zu beachten.

 

Grundsätzlich wird für Übertragungen eines Alleineigentümers eines Grundstücks auf eine Gesamthand (beispielsweise eine Kommanditgesellschaft) in der Höhe des Anteils keine Grunderwerbsteuer erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist (§ 5 Abs.2 GrEStG). Hierbei muss allerdings Beteiligungsidentität zwischen der übertragenden Person und der am Kapital beteiligten Person der übernehmenden Gesellschaft bestehen.

 

Steuerbefreiung bei Übertragungen an die Gesamthand von Ehepartnern oder Kindern

Soll der/die Ehepartner/in oder die Kinder Gesellschafter einer Personengesellschaft werden, stellt sich in der Praxis oft die Frage, ob eine solche Steuerbefreiung für eine Übertragung auf deren Gesamthandsvermögen ebenfalls gilt. Nach Ziffer 5 des sog. „Gleich lautenden Ländererlass vom 09.12.2015 betreffend die Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG“ (BStBl. I S.1029) soll eine grunderwerbsteuerbefreite Übertragung grundsätzlich auch dann erfolgen können, wenn ein Eigentümer ein Grundstück auf eine Personengesellschaft überträgt, an der ausschließlich Personen beteiligt sind, mit denen er in gerader Linie verwandt ist, z.B. Kinder, (Befreiung nach § 5 Absatz 2 i.V.m. § 3 Nr. 6 GrEStG) oder mit denen er verheiratet ist (Befreiung nach § 5 Absatz 2 i.V.m. § 3 Nr. 4 GrEStG).

 

Nach § 5 Abs.3 S.1 GrEStG findet eine solche Steuerbefreiung regelmäßig nur insoweit Anwendung, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von zehn Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand nicht vermindert.

 

In diesem Zusammenhang entfällt die Begünstigung des § 5 Abs.2 GrEStG nach der Verwaltungsauffassung regelmäßig nicht, wenn ein Gesellschafter ein Grundstück in eine KG einbringt und anschließend innerhalb der in § 5 Abs.3 GrEStG vorgesehenen Haltefrist seine Gesellschafteranteile an seine Kinder überträgt (Gottwald/Behrens/Böing/Seemaier, GrEStG, Kapitel 4, Rn. 12 mit Verweis auf den gleichlautenden Länder-Erl. Vom 12.11.2018, 1334, Tz. 7.4.)

 

Fazit

 

Die Übertragung von Anteilen an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft auf eine Stiftungsstruktur bedarf bereits im Vorfeld einer genauen Analyse der Ausgangssituation und Planung einer Strukturierung. Stifter sollten sich bereits im Vorfeld einer Stiftungserrichtung mit grunderwerbsteuerlichen Auswirkungen auseinandersetzen.