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Grunderwerbsteuer bei Übertragung aus dem Privatvermögen

Grunderwerbsteuer beim Aufbau von Stiftungsstrukturen (Teil 1 von 4)

VON THORSTEN KLINKNER

 

Mit unserer vierteiligen Reihe zur Grunderwerbsteuer beim Aufbau von inländischen Stiftungsstrukturen möchten wir Ihnen einen Überblick zu aktuellen Entwicklungen im Bereich der Grunderwerbsteuer geben. Hier beschäftigen wir uns in Teil 1 unserer Reihe mit der Grunderwerbsteuer bei Übertragung aus dem Privatvermögen. Teil 2 unserer Stifterbriefreihe befasst sich mit Übertragung von im Betriebsvermögen befindlichen Personengesellschaftsanteilen und Kapitalgesellschaftsanteilen. In Teil 3 befassen wir uns mit der Frage der Reichweite einer Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG am Beispiel einer Ausgliederung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft. Teil 4 befasst sich mit der Grunderwerbsteuer im Bereich der Beendigung einer Betriebsaufspaltung.

 

Die Grunderwerbsteuer bei der Errichtung einer Stiftung

 

Soll im Zuge der Errichtung einer Stiftung bislang im Privatvermögen des Stifters befindliches Grundbesitzvermögen auf die Stiftung übertragen werden, stellt sich die Frage, ob eine Übertragung unentgeltlich oder entgeltlich, und ob eine Einräumung eines Nießbrauchs oder die Gewährung einer Versorgungsleistung erfolgen soll. Im Kontext der Errichtung der Stiftung sind dann grunderwerbsteuerliche Auswirkungen zu berücksichtigen.


Direkte Übertragung aus dem Privatvermögen

Die direkte entgeltliche Übertragung von Immobilienvermögen aus dem Privatvermögen des Stifters auf eine Stiftung ist ein steuerbarer und mangels Steuerbefreiung regelmäßig steuerpflichtiger Erwerbsvorgang nach dem Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG). Demgegenüber besteht für eine unentgeltliche Übertragung von inländischen Grundstücken im Wege einer Verfügung von Todes wegen oder im Wege der Schenkung unter Lebenden eine besondere Steuerbefreiung nach § 3 Nr.2 GrEStG. Die Steuerbefreiung greift allerdings nur insoweit ein, wie der Beschenkte keine Gegenleistungen zu erbringen hat. Ist als Gegenleistung einer Grundstücksschenkung etwa eine Übernahme von Verbindlichkeiten, die Einräumung eines Nießbrauchs oder die Zahlung einer Versorgungsleistung vorgesehen, ist der Vorgang in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Anteil aufzuteilen. Wobei der entgeltliche Anteil der Grunderwerbsteuer unterliegt (vgl. BFH v. 12.04.1989 – II R 37/97, BStBl. II 1989, 524 zur Schenkung unter Auflage).

 

Entstehungszeitpunkt der Grunderwerbsteuer im Zuge der Errichtung der Stiftung

 

Für die Errichtung einer Stiftung ist umstritten, ob bereits das Stiftungsgeschäft (§ 1 Abs.1 Nr.1 GrEStG) oder erst die nachfolgende Auflassung eines Grundstücks (§ 1 Abs.1 Nr.2 GrEStG) auf die Stiftung der Grunderwerbsteuer unterliegt. Nach der Rechtsprechung des Finanzgerichts Schleswig-Holstein vom 08.03.2012 (FG Schleswig-Holstein v. 08.03.2012 – 3 K 118/11, EFG 2012, 1184) sollte bereits die Zusicherung der Grundstücksübertragung in einem wirksamen Stiftungsgeschäft die Grunderwerbsteuerpflicht auslösen. Regelmäßig entsteht die Grunderwerbsteuerpflicht aber erst gemäß § 14 Nr.2 GrEStG mit der Anerkennung der Stiftung, wenn sie den schriftlichen Anspruch auf Eigentumsübertragung erwirbt. Teils wird auf den Zeitpunkt der Eintragung des Grundstücks im Grundbuch abgestellt. Der Bundesfinanzhof hat über die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Schleswig-Holstein mit Urteil vom 27.11.2013 (BFH v. 27.11.2013 – II R 11/12, BFH/NV 2014, 579) entschieden. Leider kam der BFH aufgrund einer abweichenden Tatsachenwürdigung zu dem Ergebnis das der Entscheidungsfall als Zustiftung zu qualifizieren sei, sodass die vom Finanzgericht aufgeworfene Rechtsfrage des Entstehungszeitpunkts bislang nicht abschließend höchstrichterlich geklärt ist.

 

Einheitlicher Erwerbsgegenstand bei der Grunderwerbsteuer

In der Praxis stellt sich bei einer Übertragung von Grundbesitz auf eine Stiftungsstruktur die Frage nach dem Umfang des Erwerbgegenstands. In diesem Zusammenhang ziehen sowohl die Rechtsprechung (BFH v. 10.12.2019 – II B 20/19, BFH/NV 2020, 384), als auch die Finanzverwaltung einen sog. „einheitlichen Erwerbsgegenstands-Begriff“ bei der Grunderwerbsteuer heran. Praktisch relevant kann dies etwa bei Bauträgerkaufverträgen werden. Hier kommt es regelmäßig zum Abschluss eines Kaufvertrages über ein noch nicht bebautes Grundstück sowie Beschreibung des Grundstückszustands, der nach den vertraglichen Bestimmungen vom Verkäufer geschuldet ist. Weil der Verkäufer beim Bauträgervertrag regelmäßig ein bebautes Grundstück schuldet, wird die Grunderwerbsteuer auf den gesamten Vertragsgegenstand erhoben. Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist also die gesamte Gegenleistung im Rahmen des Bauträgervertrags (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Je nach Vertragsgegenstand kann neben dem unbebauten Grundstück auch das Grundstück in seinem zukünftig bebauten Zustand (inklusive der Bauerrichtungskosten) in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sein.

 

Rückgängigmachung von Erwerbsvorgängen

Für die Zwecke der Grunderwerbsteuer besteht die Möglichkeit, die Steuer für einen bereits verwirklichten Grunderwerbsteuertatbestand nach Maßgabe der gesetzlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 und 2 GrEStG rückwirkend zu beseitigen. Dies kann bei einer Grundstücksschenkung auf eine Stiftung von Interesse sein, wenn sich der Stifter durch Verwendung einer Steuerklausel für die Zwecke der Schenkungssteuer vorbehalten möchte, eine Grundstücksschenkung bei abweichender Steuerfestsetzung rückgängig zu machen. Die Rückgängigmachung nach Maßgabe dieser Vorschrift setzt für grunderwerbsteuerliche Zwecke zwar keine vorherige Vereinbarung einer Steuerklausel voraus, allerdings ist es erforderlich, den Sachverhalt fristgerecht und in allen Teilen vollständig beim zuständigen Finanzamt anzuzeigen (§§ 18 bis 20 GrEStG). In seiner Entscheidung vom 22.05.2019 (BFH v. 22.05.2019 - II R 24/16) hat der BFH entschieden, dass die rein formellen Bestimmungen über die Anzeige eines grunderwerbsteuerbaren Vorgangs Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung der Rückabwicklung sind. Wird ein vom Anwendungsbereich des § 16 GrEStG umfasster Erwerbsvorgang zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, war er aber nicht ordnungsgemäß angezeigt worden, schließt § 16 Abs. 5 GrEStG den Anspruch auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Aufhebung der Steuerfestsetzung aus. Die ordnungsgemäße Anzeige kann nach Ansicht des BFH durch einen Notar oder einen der Beteiligten erfolgen. Hierbei ist allerdings auf die Anzeige beim jeweils zuständigen Finanzamt zu gerichtet an die dortige Grunderwerbsteuerstelle zu achten.

 

Für im Privatvermögen gehaltene Anteile an einer grundstücksbesitzenden GmbH hat die Frage nach der ordnungsgemäßen Anzeige von grunderwerbsteuerbaren Vorgängen zuletzt durch die geänderte Verwaltungsauffassung (gleichlautender Erlass zu § 1 Abs. 2a und Abs.2b GrEStG vom 10.05.2022) an Bedeutung gewonnen. Denn in diesen Fällen, welche wir in Teil 2 näher erläutern, kann es zum zeitlichen Auseinanderfallen von Verpflichtungs- (sog. Signing) und Verfügungsgeschäft (sog. Closing) kommen. In der Praxis bedeutet dies, dass nach Anteilsübertragung (Signing) und Gesellschafterwechsel (Closing) jeweils gesonderte Anzeigen an die jeweils zuständigen Stellen des Finanzamtes zu richten sind, weil anderenfalls mangels ordnungsgemäßer Anzeige im Sinne des § 16 Abs.5 GrEStG keine Rückgängigmachung mit grunderwerbsteuerlicher Wirkung möglich ist.

 

Fazit

 

Im Zuge der Errichtung und Ausstattung einer Stiftung mit Privatvermögen des Stifters bietet eine Schenkung unter Berücksichtigung der weiteren erbschaft- & schenkungsteuerlichen Gesichtspunkte eine effiziente Möglichkeit, eine Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer zu vermeiden.