Die GmbH VE als Instrument zur langfristigen und generationenübergreifenden Unternehmensgestaltung (Teil 1)

 

Aktuell ist die GmbH VE sowohl in der Tagespresse wie auch in der politischen und rechtswissenschaftlichen Debatte heiß diskutiert. Sie soll als neues Gestaltungsinstrument in den Setzkasten der bisherigen Gesellschaftsformen aufgenommen werden, so zumindest der Willen der „Stiftung Verantwortungseigentum“, die von über 30 Unternehmern gegründet wurde und dem Bundeswirtschaftsminister einen entsprechenden Gesetzesentwurf übermittelt hat.


Zentrales Merkmal dieser GmbH-Variante soll ein sogenannter „Asset- und Shareholderlock“ sein: Kapital und Gewinn der Gesellschaft werden in ihr gebunden, eine aus Profitgründen erfolgende Veräußerung von Gesellschaftsanteilen und der Eintritt von Kapitalgesellschaften als Gesellschafter ausgeschlossen, nachträgliche Änderungen hieran untersagt. Im Ergebnis soll damit sichergestellt werden, dass das Unternehmenskapital vorrangig dem Unternehmenszweck dient, dieses nicht unbegrenzt personalisiert werden kann und dass die Unternehmensverantwortung unabhängig von Familie und Vermögen an „Werte- und Fähigkeitenverwandte“ übergeben wird.

 

Dieser Stifterbrief soll die vorgeschlagene neue Gesellschaftsform vorstellen und neben den mit ihr verfolgten Absichten auch die konkreten Eigenschaften einer solchen GmbH darstellen. Hierbei soll auch festgestellt werden, was die GmbH VE – möglicherweise entgegen der mit ihr verbundenen Erwartungen – nicht leistet.

In der folgenden Woche werden wir dann einen weiteren Blick auf die tatsächliche Neuartigkeit der GmbH VE werfen - im Vergleich mit den bisher bestehenden Gesellschaftsformen, auf die Unternehmen bislang zurückgreifen, um das Ziel einer verantwortlichen generationsübergreifenden Unternehmensgestaltung zu verwirklichen.

 

Zentrale Aspekte der GmbH VE

 

Die zentralen Aspekte der GmbH VE sind die angestrebte Vermögensbindung (Asset-Lock) und die Selbständigkeit des Unternehmens. 

 

Vermögensbindung bedeutet, dass die von den Gesellschaftern gehaltenen Unternehmensanteile diesen keine Gewinnansprüche vermitteln sollen und auch im Fall einer Liquidation keine etwaigen Gewinne an die Gesellschafter ausgeschüttet werden dürfen. Die Mehrheit der Gewinne und das Vermögen des Unternehmens sollen dadurch für die Unternehmensentwicklung freigehalten werden und dem Unternehmenszweck dienen, indem sie reinvestiert, für risikoadäquate Finanzierung von Fremdkapital verwendet oder gespendet werden. Dies soll die Resilienz und damit Beständigkeit des Unternehmens erhöhen. Das Unternehmen kann somit auch nicht für individuelle Zwecke gewinnbringend veräußert werden und soll auch gegen Übernahmen immunisiert sein.

 

Die Selbstständigkeit des Unternehmens soll gewährleistet werden, indem die Mehrheit der Stimmrechte, also die Kontrolle über das Unternehmen, treuhänderisch von natürlichen Personen gehalten wird, die mit dem Unternehmen verbunden sind und die Werte des Unternehmens im Sinne seiner langfristigen Entwicklung tragen. Eine automatische Vererbung ist ausgeschlossen und die Anteile am Unternehmen können nur mit Zustimmung der anderen Gesellschafter verkauft werden. Damit soll nur in den Kreis der Gesellschafter aufgenommen werden können, wer von den anderen als passend im Sinne seiner Werte und Fähigkeiten empfunden wird.

 

Was die GmbH VE damit nicht leistet

 

Die GmbH VE muss weder gemeinnützig sein noch einen nachhaltigen oder verantwortungsvollen Unternehmensgegenstand haben. Tatsächlich kann dieser sogar beliebig geändert werden („Waffen statt Pflüge“), wie auch das Unternehmen selbst im Wege eines sogenannten Asset Deals an beliebige Dritte veräußert werden kann. Zudem kann das Unternehmen aufgegeben und die Gesellschaft liquidiert werden, ein Unternehmenserhalt ist nicht zwingend vorgesehen. 

 

Während die Absicht, das Vermögen im Unternehmen zu halten und eine spekulative Gewinnmehrung oder einen möglichst teuren Verkauf des Unternehmens auszuschließen, bzw. unattraktiv zu machen, eigentlich in einem Asset Lock „zementiert“ werden soll, um die langfristige und verantwortungsvolle Unternehmensführung zu stärken, lässt sich diese im Rahmen einer GmbH VE unschwer umgehen oder aushöhlen. Der Umstand, dass die Gesellschafter weder Gewinnausschüttungen erhalten noch am Gewinn beteiligt sind, zielt zudem zwar auf die Fortdauer des Gesellschaftsvermögens ab, führt aber zu einer Benachteiligung der Gläubiger der Gesellschafter und verstößt damit wohl grundsätzlich gegen die Prinzipien der Privat- und Verbandsautonomie im Sinne der Art. 2, 9, 14 des Grundgesetzes.

 

Auch die Beteiligung an den Gewinnen des Unternehmens lässt sich „durch die Hintertür“ insofern wieder einrichten, als stille Beteiligungen und Rechtsgeschäfte mit Gesellschaftern ausdrücklich erlaubt sind und auch gewinnabhängige Vergütungen nicht verboten sind. 

 

Ebenso ist ein Schutz von Arbeitsplätzen oder eine Mitarbeiterbeteiligung nicht vorgesehen. Wer also unter der Verantwortlichkeit der Unternehmensführung auch eine Einbeziehung von Mitarbeiterbelangen versteht, wird bei der GmbH VE im Zweifel enttäuscht.

 

Tatsächlich ist im äußersten Fall, dem einer Krise des Unternehmens, auch die Resilienz des Unternehmens eventuell insofern eher gefährdet, als die mangelnden Gewinnchancen der Gesellschafter auch deren Bereitschaft, privates Kapital zu investieren, schmälern dürften. Wo den Risiken keine konkreten Chancen gegenüberstehen, ist im Zweifel auch der Einsatz entsprechend.

 

Fazit

 

Während es unter Unternehmern offensichtlich ein grundsätzlich großes Interesse daran gibt, das eigene Unternehmen sicher und widerstandsfähig zu machen für die Zukunft und es nicht nur selbst verantwortlich und im unmittelbaren Unternehmensinteresse zu führen, sondern dies auch generationenübergreifend festzuschreiben, scheint die aktuell diskutierte GmbH VE – zumindest in der bislang vorgeschlagenen Ausgestaltung – nicht das geeignete Instrument zu sein, um diese Absicht zukunftssicher umzusetzen.