Gestaltungsmöglichkeiten – Wohnungsunternehmen

VON CATARINA DOS SANTOS FIRNHABER

 

Gerade Unternehmer mit großem Immobilienvermögen suchen nach Möglichkeiten, diese oft historisch gewachsenen Strukturen zu übertragen, ohne dass die Transaktionskosten ins Bodenlose wachsen. In diesem Teil unseres Monatsthemas wollen wir Ihnen eine weitere Gestaltungsmöglichkeit dazu vorstellen: Das Wohnungsunternehmen.


Immobilienvermögen, das Dritten zur Nutzung überlassen wird, zählt grundsätzlich zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen (siehe dazu auch Teil 1 unseres Monatsthemas). Damit unterliegt es im Ergebnis bei einer Übertragung durch Schenkung oder Erbfolge der Erbschaftsteuer / Schenkungsteuer. Allerdings ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, wenn das Immobilienvermögen zu einem sogenannten Wohnungsunternehmen im Sinne des §13b Absatz 4 Nummer 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG gehört. Ziel des Gesetzgebers war es, vor allem bezahlbaren Wohnraum zu fördern. Daher kann, bei Vorliegen der Voraussetzungen, dieses Vermögen in dieser Ausnahme begünstigt und damit ohne Erbschaftsteuerbelastung übertragen werden.

 

Neben der Zuordnung des Immobilienvermögens zu einem steuerlichen Betriebsvermögen setzt ein Wohnungsunternehmen im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG voraus, dass der Hauptzweck des Unternehmens in der Vermietung von Wohnungen besteht und dass hierfür ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO besteht.

 

Kriterien für die Einordnung als Wohnungsunternehmen 

 

Umstritten sind die Kriterien, wann genau ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt. Vor allem die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung fordern unterschiedliche Voraussetzungen. 

 

So sagte das Finanzgericht Münster im Juni 2020, dass es für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auf gewerbliche Zusatzleistungen ankomme, die Anzahl der Wohneinheiten sei dagegen nicht relevant (FG Münster, Urteil vom 25.06.2020 – 3 K 13/20 F). Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits mit Urteil vom 24. Oktober 2017 (II R 44/15) ein vergleichbares Verständnis erkennen lassen, dass es auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen nicht ankomme. Zusatzleistungen seien beispielsweise Übernahme der Reinigung vermieteter Wohnungen, Bewachung des Gebäudes oder das Zurverfügungstellen eines Hausmeisterdienstes.

 

Gegensätzlich dazu: Die Finanzverwaltung. Die Finanzbehörden wenden das oben genannte Urteil des BFH infolge eines Nichtanwendungserlasses über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht an. Nach der Ansicht der Finanzverwaltung sprechen einige Indizien für die Annahme eines wirtschaftlichen Gewerbebetriebs (so auch R E 13b.17 Absatz 3 ErbStR 2019). Dazu gehören beispielsweise die Unterhaltung von Büros oder eine umfangreiche Organisationsstruktur. Nach Ansicht der Finanzverwaltung wird davon ausgegangen, dass die mit der Verwaltung des Vermögens verbundenen Aufgaben einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordern. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wird bei einem Volumen von über 300 Wohneinheiten regelmäßig ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb angenommen.

 

Einordnung der Ansichten

 

Der ursprüngliche Hintergrund der Begünstigung von Wohnungsunternehmen durch den Gesetzgeber ist die Intention, bezahlbaren Wohnraum zu fördern, was angesichts der Wohnungsknappheit in Städten durchaus verständlich ist. Allerdings ist es zumindest zu hinterfragen, ob die Rechtsprechung diesem Ziel durch die 2017 begonnene Einordnung gerecht wird. Die Zusatzleistungen, die die seitens der Finanzverwaltung geforderte Anzahl der Wohneinheiten de facto ablösen soll, sind in der Praxis bei einer Wohnungsvermietung eher nicht anzutreffen. 

 

Ein weiterer, zu beachtender Punkt: Die Überlassung von Grundstücken unter Einbringungen weiterer einheitlich angebotener gewerblicher Leistungen ist bereits durch die Finanzverwaltung in R E 13b. 13 ErbStR 2019 eine Ausnahme vorgesehen, die insbesondere für Beherbergungsbetriebe gilt. Im Ergebnis liegt in diesen Fällen kein schädliches Verwaltungsvermögen vor. Genau diese Kriterien werden nun für das Wohnungsunternehmen herangezogen. Das widerspricht einer Notwendigkeit für die Ausnahmeregelung in § 13b Absatz 4 Nummer 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG.

 

Auch der Wortlaut des § 13b Absatz 4 Nummer 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG lässt keine andere Auslegung zu. Maßgeblich ist das Merkmal des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 14 AO, der weiter gefasst ist als die Definition des Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG. Wäre eine Anknüpfung an § 15 Abs. 2 EStG gewünscht, wäre der Gesetzestext entsprechend ausgefallen (vgl. beispielsweise § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a) sowie Buchst. c) ErbStG, die eindeutig zum EStG Bezug nehmen). Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift zielt auf den zu erfüllenden Hauptzweck der Vermietung von Wohnungen ab. Gewerbliche Zusatzleistungen werden hier nicht genannt und stehen der Erfüllung des Hauptzwecks wohl auch eher entgegen.

 

Ausblick

 

In der Beratungspraxis bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung ihre Kriterien noch einmal anpasst, oder es bei weiteren Entscheidungen zu einem erneuten Nichtanwendungserlass seitens der Finanzverwaltung kommt. Es ist ebenfalls nicht auszuschließen, dass die Finanzverwaltung sich der Auffassung der Rechtsprechung anschließen wird. Insbesondere bei Gesellschaften mit einem Immobilienbestand über 300 Einheiten kann sich nach aktueller Lage eine Übertragung lohnen. Dabei sind aber die oben genannten Punkte für jeden Einzelfall genau zu prüfen.


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