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Erbersatzsteuer: Nachteil von Familienstiftungsstrukturen?

Nachdem wir uns im ersten und zweiten Teil mit den wesentlichen Begünstigungsvorschriften beschäftigt haben, soll dieser dritte Teil einen vermeintlichen Nachteil der Familienstiftungsstruktur beleuchten: die Erbersatzsteuer. Warum sie keinen wirklichen Nachteil darstellt, sondern mit Planbarkeit besticht, wollen wir im Folgenden aufklären.


Eine Stiftung kann nicht sterben. Wenn also Vermögen auf eine Familienstiftung übertragen wurde und es folglich zum Vermögen der Stiftung wird, liegt die Annahme nicht fern, für die einzelnen Vermögensgegenstände würde keine Erbschaftssteuer anfallen. Um zu verhindern, dass Vermögen dauerhaft der Erbschaftssteuer entzogen wird, hat der Gesetzgeber im Jahr 1974 die Erbersatzsteuer eingeführt. Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich um eine Ersatzsteuer für die Erbschaft. Nach dem erstmaligen Vermögensübergang auf eine Familienstiftung greift ein fiktiver Vermögensanfall turnusmäßig alle 30 Jahre, § 1 Absatz 1 Nummer 4, § 9 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG. Dies gilt nur für die Familienstiftung, Erwerbe gemeinnütziger Stiftungen sind steuerfrei. Das Vermögen einer Stiftung unterliegt der Steuer, wenn Sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist.

 

Man kann sich die Frage stellen, warum ausgerechnet ein 30-Jahres-Zeitraum für den fiktiven Erbfall gewählt wurde. Diese zeitliche Grenze folgt aus der pauschalierenden Annahme, dass sich Familienvermögen alle 30 Jahre an die nächste Generation der Familie vererbt. Um dies nachzustellen, fingiert das Gesetz, dass sich das Stiftungsvermögen an zwei Kinder vererbt, und zwar völlig unabhängig davon, ob der Stifter selbst überhaupt über Kinder verfügt. Besteuerter „Erblasser“ ist nun die Stiftung losgelöst von der familiären Struktur des Stifters. Gemäß § 16 Absatz 1 Nummer 2 ErbStG wird zur Berechnung der Erbersatzsteuer der doppelte Freibetrag, also insgesamt EUR 800.000, gewährt und die Steuer nach Steuerklasse I berechnet.

 

§ 24 ErbStG gewährt der Familienstiftung aber eine Wahlmöglichkeit: Die Erbschaftssteuer (oder Erbersatzsteuer) kann auch als Jahresleistung durch Verrentung der Steuerschuld in 30 gleiche jährliche Teilbeträge aufgeteilt werden, was die Erbschaftssteuer plötzlich nicht nur zeitlich planbar, sondern auch der Höhe nach kalkulierbar macht. Die Beiträge müssen dann mit einer Verzinsung von 5,5 % gezahlt werden. Im Fall der Verrentung ist dies auch für einen Teilbetrag möglich; die festgesetzten Jahresbeiträge können ganz oder teilweise auch vorzeitig abgelöst oder auf einen kürzeren Zeitraum als 30 Jahre bemessen werden.

 

Wesentlicher Unterschied zur Erbschaftssteuer ist beispielsweise, dass bei der Erbschaftssteuer der Erbe und der Zufluss zu diesem im Mittelpunkt stehen, während bei der Erbersatzsteuer das Stiftungsvermögen als Ganzes in den Fokus rückt; fiktive Erben sind zwei Personen, auf die sich die Steuer aber nicht richtet, weil als Bemessungsgrundlage immer das gesamte Stiftungsvermögen gilt.

 

Auch bei der Erbersatzsteuer sind die Begünstigungen der §§ 13a, 13b ErbStG anwendbar. Das gilt, soweit zum Vermögen der Familienstiftung Betriebsvermögen, Mitunternehmeranteile, land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften mit über 25 % des Nennbetrages gehören. 

 

Auch wenn die Verfassungsmäßigkeit der Erbersatzsteuer oft angezweifelt wird, hat das Bundesverfassungsgericht diese in 1983 bejaht (BVerfG, Beschluss vom 08.03.1983 – 2 BvL 27/81, BStBl 1983 II S. 779 = BVerfGE 63 S.312ff).

 

Gestaltungsmöglichkeiten

 

Alternativ (also ohne die Familienstiftung) fiele der „normale“ Erbgang an, bei dem die Erbschaftssteuer durch das Versterben eines Menschen ausgelöst wird. Bei der Familienstiftung steht der Zeitpunkt der Steuerentstehung von vornherein fest, während die Erbschaftssteuer beim Erbfall eines Menschen zu einem nicht planbaren Zeitpunkt eintritt, zumal ein Todesfall eine emotionale belastende Situation auslöst, in der eine zusätzliche unerwartete finanzielle Belastung zusätzlichen Druck auf die Hinterbliebenen ausübt. So können also mit der Familienstiftung Vorkehrungen getroffen werden, um die Steuer entweder zeitlich passend einzukalkulieren oder gar zu vermeiden. Allerdings sollte das reine Vermeiden der Steuer nie der einzige Gestaltungsgrund sein, der für eine Stiftungserrichtung spricht. Wir stellen Ihnen einige Möglichkeiten einmal vor: 

 

Gemeinnützige Stiftung oder Unternehmensstiftung

 

Die Erbersatzsteuer fällt für gemeinnützige Stiftungen nicht an. Die nachträgliche Überführung kann an seltener Stelle sinnvoll sein, wenn der Charakter der Familienstiftung nach einiger Zeit entfällt, also beispielsweise keine Abkömmlinge mehr leben. So kann also auch eine zunächst als Familienstiftung errichtete Stiftung mit entsprechender Satzungsvorsehung zu einem späteren Zeitpunkt zu einer gemeinnützigen Stiftung umgewandelt werden. Auch (reine!) Unternehmensstiftungen zahlen keine Erbersatzsteuer. Dann ist es allerdings wichtig, mit der Satzung die Grundlage dafür zu schaffen, dass die Stiftung seitens der Finanzverwaltung nicht als Familienstiftung eingeordnet wird. Wir beraten Sie gerne hinsichtlich der vielzähligen Fallstricke.

 

Die nicht rechtsfähige Stiftung – zum Hintergrund

 

Allgemein muss zwischen rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger Stiftung unterschieden werden. Im Gegensatz zum Erbschaftssteuerrecht unterscheidet das Gemeinnützigkeitsrecht nicht in dieser Stärke zwischen den beiden Ausprägungen, weil es hier auf die Erfüllung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen ankommt. Beachtung findet die Unterscheidung allerdings in Bezug auf eine Familienstiftung, denn auch eine nichtrechtsfähige Stiftung kann eine Familienstiftung sein. So hat die Rechtsprechung entschieden, dass das Gesetz nicht definiert, welche Art von Stiftung als Familienstiftung im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG zu definieren ist, mithin kann diese auch durch eine nichtsrechtsfähige Stiftung repräsentiert werden. 

 

Ist die Stiftung nicht rechtsfähig, besitzt sie auch kein eigenes Vermögen, das der Erbersatzsteuer unterliegen könnte. Obwohl der Begriff nicht gesetzlich geregelt ist, versteht man unter der nichtrechtsfähigen Stiftung eine solche, die dem Stiftungszweck gewidmetes Vermögen aufweist, aber keine eigene Rechtspersönlichkeit. Träger des Stiftungsvermögens ist ein Treuhänder, der eine natürliche oder juristische Person sein kann. Der Treuhänder verwaltet das Vermögen natürlich nicht nach seinem Belieben, sondern entsprechend dem festgelegten Zweck und nach Weisungen des Stifters.

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs werden die Vorschriften über die Erbersatzsteuer nicht auf die nichtrechtsfähige Stiftung angewandt (vergleiche dazu Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.01.2017 – II R 26/16).

 

Wenn man die gemeinnützigkeitsrechtliche Sicht betrachtet, ist die nichtrechtsfähige Stiftung für Zwecke des gemeinnützigen Handelns und des Sonderausgabenabzugs ebenfalls der rechtsfähigen Stiftung gleichgestellt. Die nichtrechtsfähige Stiftung unterliegt also auch unter diesem Gesichtspunkt keinen nachteiligen Beschränkungen. Andererseits bleibt zu beachten, dass sich eine nichtrechtsfähige Stiftung keiner Organe bedienen kann, sondern auf einen Treuhänder angewiesen ist, der für sie handelt. Nur nach sorgfältigem Durchdenken und einer Abwägung der individuellen Punkte sollte eine Entscheidung hinsichtlich des Einsatzes einer nichtrechtsfähigen Stiftung getroffen werden.

 

Erbersatzsteuer nur für inländische Familienstiftungen

 

Ausländische Familienstiftungen unterliegen nicht der Erbersatzsteuer, wenn sowohl ihr Satzungssitz als auch ihre Geschäftsleitung im Ausland liegt. Sie sind dann vom Anwendungsbereich der Erbersatzsteuer nicht umfasst. Dies gilt vor allem auch dann, wenn der ausländischen Familienstiftung im Inland belegenes Vermögen gehört, was bedeutet, dass es keine beschränkte Erbersatzsteuerpflicht gibt. Bei der deutschen Familienstiftung unterliegt auch das gesamte in- und ausländische Vermögen der Steuer. Wenn also beispielsweise eine Stiftung im Fürstentum Liechtenstein errichtet wird und sich sowohl der Satzungssitz als auch die Geschäftsleitung dort befinden, fällt keine Erbersatzsteuer an.

 

Der Zeitpunkt des Entstehens der Erbersatzsteuer ist vorhersehbar und damit auch planbar. Etwaiges nicht begünstigtes Vermögen kann dementsprechend umstrukturiert werden, um die Erbersatzsteuer zu mindern. Hier bietet sich für die gesamte Stifterfamilie der finanzielle Vorteil, dass anders als bei einem Erbfall nicht sofort eine größere Summe aufgebracht werden muss, die im schlimmsten Fall zur Auseinandersetzung der Vermögensgüter führt, aber auch gleichzeitig ein emotionaler Benefit dadurch, dass am Todesfall als sowie schon große persönliche Belastung nicht auch eine unerwartete monetäre Verpflichtung hängt. Abgesehen von diesen Möglichkeiten bleibt damit auch der zeitliche Planungseffekt zu erwähnen, der bei der natürlichen Erbfolge naturgemäß regelmäßig versagt bleibt.


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