Dürfen Stiftungen in geschlossene Immobilienfonds investieren?

Antwort:

Jede Stiftung hat den Wert ihres Grundstockvermögens zu erhalten. Um ihre Satzungszwecke zu verwirklichen, stehen einer Stiftung deshalb die laufenden Erträge des Stiftungsvermögens, das freie Vermögen und Darlehen zur Verfügung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bilden die Fälle, in denen die Stiftung als Verbrauchsstiftung (§ 80 Absatz 2 Satz 2 BGB) konzipiert ist.


Verbrauchsstiftungen steht das gesamte Stiftungsvermögen zur Förderung ihrer Zwecke zur Verfügung. Gesetzlich ist hierbei die Vorgabe zu beachten, dass die Verbrauchsstiftung über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren bestehen muss. In den meisten Bundesländern ist ein Verbrauchsplan für das Stiftungsvermögen einer Verbrauchsstiftung zu erstellen. 

 

Mit Ausnahme der Verbrauchsstiftungen hat jede Stiftung den Wert ihres Stiftungsvermögens zu erhalten und muss darüber hinaus Erträge erwirtschaften, mit denen sie den Stiftungszweck fördert. Grundsätzlich sind daher für Stiftungen eher risikoarme Anlagestrategien vorgesehen, um einen Totalverlust zu vermeiden. 

 

Grundsätzlich kommen für Stiftungen - trotz der Vorgabe zum Werterhalt des Grundstockvermögens - alle Anlageklassen in Betracht. Geeignete Anlageklassen für Stiftungen sind zum Beispiel Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Barvermögen und Wertpapiere. Gerade für gemeinnützige Stiftungen, denen kein größeres Immobilienportfolio und keine Beteiligung an einer mittelständischen Unternehmensgruppe als Ertragsquelle zur Verfügung steht, stellte sich bei der Suche nach geeigneten Anlageklassen für eine lange Zeit die Frage, ob auch Investitionen in geschlossene Immobilienfonds mit der Verpflichtung zum Werterhalt des Stiftungsvermögens vereinbar sind.

 

In diesem Punkt ist das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juni 2017 (Az. 17 U 160/16) zu begrüßen, nachdem vorherige Urteile für Unsicherheit gesorgt hatten. Nach diesem Urteil stehen auch geschlossene Immobilienfonds mit dem Gebot des Werterhalts in Einklang. 

 

Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Investition in geschlossene Immobilienfonds zwar zu einem Totalverlust führen kann. Als Bestandteil eines gesamten Anlageportfolios kann eine solche Fondsbeteiligung mit längerfristigem Anlagehorizont jedoch der sinnvollen Streuung des Anlagevermögens dienen. Regelmäßig ist das Risiko eines hohen oder vollständigen Kapitalverlusts gering, weil ungeachtet der sonstigen wirtschaftlichen Entwicklung des Fonds jedenfalls der Sachwert des Vermögens erhalten bleibt, selbst wenn die Erträge den Erwartungen nicht entsprechen. 

Das OLG rückt damit ab von der häufig vertretenen Ansicht, dass bei jeder Anlageentscheidung der Werterhalt garantiert sein muss.

 

Es kommt jedoch auf die individuelle Fondsstruktur an: Liegt zum Beispiel eine hohe Fremdfinanzierungsquote vor und sind von Anfang an Auszahlungen der Ausschüttungen aus der Liquidität geplant, kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Ziel des Kapitalerhalts von Beginn an nicht erfüllbar ist. Auch die Erwirtschaftung von Erträgen zur Erfüllung des Stiftungszwecks muss möglich sein. 

 

Abschließend weisen wir darauf hin, dass die Investition in bestimmte Vermögenswerte lediglich dann zulässig sein kann, wenn der Stifter keine entgegenstehenden Regelungen in der Satzung verankert hat. Dem Stifter steht es offen, in den Satzungsregelungen über die Vermögensverwaltung festzulegen, ob Investitionen in bestimmte Anlageklassen ausgeschlossen werden sollen. Alternativ kann der Stifter auch flankierend zu der Satzung eine separate Anlagerichtlinie erstellen, um die Stiftungssatzung von Detailregelungen zu entlasten.