Eine durchdachte Familienstiftung schafft ein belastbares Fundament für den nachhaltigen Familienfrieden

VON THORSTEN KLINKNER

 

Familienfrieden fällt nicht vom Himmel, sondern kann systematisch erarbeitet und entwickelt werden. In der eingehenden Betrachtung der involvierten Menschen, der betroffenen Vermögenskreise und der jeweiligen Bedürfnisse liegt die große Chance der Errichtung einer unternehmensverbundenen Stiftung. Der Prozess der Stiftungserrichtung kann offene Fragen oder Disharmonien klären und jedem Familienmitglied seinen Platz geben.


Im Laufe der Zeit wachsen nicht nur erfolgreiche Familienunternehmen zu einer stattlichen Größe. Auch die Familien vergrößern sich, und in jeder Generation kann es mehr Mitglieder geben. Das führt beinahe zwangsläufig auch zu einer kontinuierlichen Vergrößerung der Gesellschafterebene und damit zu einer immer größeren Zersplitterung der Unternehmensanteile. Verbunden mit unterschiedlichen Lebensplänen, familiären Situationen und wirtschaftlichen Zielsetzungen der Beteiligten.

 

Die Auffächerung der Gesellschaftsanteile kann den langfristigen Erhalt des Unternehmens verkomplizieren – genau wie den Familienfrieden. Daher gilt es, solche wachsenden Strukturen genau zu betrachten und die Entscheidungen über den Umgang mit Unternehmen und Vermögen auch hinsichtlich des Familienfriedens zu treffen. Denn für den Familienfrieden kann und muss etwas getan werden. Er fällt nicht vom Himmel.

 

Zunächst sollte Klarheit darüber herrschen, wer eigentlich zur Familie gehört, wer beteiligt ist, wer einbezogen werden sollte. Das klingt auf den ersten Blick banal. Bei näherer Betrachtung entstehen jedoch Fragen, die jede Familie für sich unterschiedlich beantwortet.

 

Sobald Klarheit über die involvierten Personen besteht, sollten alle Beteiligten die Gelegenheit bekommen, ihre Interessen und Bedürfnisse zu äußern. Es geht explizit darum, persönliche Wünsche zu ermitteln und diese in den Denkprozess zu integrieren – wer will eigentlich was? Es ist dabei von zentraler Bedeutung, nicht über bestimmte Menschen zu sprechen, sondern mit eben diesen Menschen.

 

Gefordert ist dabei eine gute Kommunikation. Und Zeit: Die erforderliche Klärung ist ein langer und gegebenenfalls anstrengender Prozess. Dieser Prozess lohnt. Aus der Klärung folgt Klarheit. Und Klarheitführt zu der gewünschten Stabilität und Familienzufriedenheit.

 

Prof. Dr. Nadine Kammerlander hat in diesem Zusammenhang den Begriff der Prozessgerechtigkeit geprägt. Dabei steht das Bemühen um größtmögliche Fairness durch Beteiligung im Entscheidungsprozess im Fokus. Ein als unfair wahrgenommenes Verhalten ist der Hauptauslöser von Unzufriedenheit und letztendlich von Konflikten in Familienunternehmen. Das bedeutet, dass das eigentliche Sachergebnis in der Regel gar nicht entscheidend ist. Wenn jemand etwas als fair empfindet, attackiert er es auch nicht durch Anfechtungen oder Pflichtteilsforderungen und wird das Vermögen auch nicht beschädigen.

 

Zugleich werden durch diesen Erkenntnisprozess die Themenbereiche Familie, Unternehmen und Eigentum klar voneinander abgrenzt. Die unterschiedlichen Prinzipien können individuell und sachgerecht geregelt werden, zum Beispiel die Zugehörigkeit und der Zusammenhalt innerhalb der Familie und das Leistungsprinzip im Unternehmen. Zudem entsteht häufig auch ein neuer Blick auf die Familie an sich und deren Werte. Dies stiftet einen großen Nutzen und hilft bei der weiteren Entwicklung.

 

In der eingehenden Betrachtung der involvierten Menschen, der betroffenen Vermögenskreise und der jeweiligen Bedürfnisse liegt damit die große Chance der Errichtung einer unternehmensverbundenen Stiftung. Der Prozess der Stiftungserrichtung kann offene Fragen oder Disharmonien zum Vorschein bringen, klären und jedes Familienmitglied kann seinen Platz und seine Beitragsmöglichkeiten erkennen. Das Gefühl von Zugehörigkeit und Kooperation schaffen die Basis für eine sinnvolle rechtliche und wirtschaftliche Umsetzung im zweiten Schritt.

 

Niemand muss, aus Sorge vor einer allzu großen Zersplitterung der Anteile am Unternehmen, aus der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden. Durch die Familienstiftung können auch wachsende Familien integriert und finanziell aus den Gewinnen sinnvoll unterstützt werden, ohne dass es zu einer kleinteiligen Verteilung des Vermögens kommt.

 

Kinder können sich für eine Tätigkeit im Unternehmen entscheiden, müssen es aber nicht. Sie gewinnen Freiheit für die eigene Gestaltung ihres Lebenswegs. Gleichzeitig bleibt das Unternehmen für die Familie unter dem Dach der Stiftung erhalten und sorgt für eine stabile finanzielle Versorgung, ggf. unter der Führung durch ein Fremdmanagement. Damit sind in einer stiftungsverbundenen Struktur zwei Ebenen der finanziellen Beteiligung möglich. Für die operative Leistung im Unternehmen wir eine leistungsgerechte Vergütung gezahlt. Auf der Stiftungsebene ist eine davon unabhängige Unterstützung und Förderung nach familiären Prinzipien möglich.

 

Diese gesonderte Betrachtung der unterschiedlichen Systeme und Logiken ist ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Konzeption einer Familienstiftung. Eine sorgfältig durchdachte Familienstiftung schafft ein belastbares Fundament für nachhaltigen Familienfrieden und langfristigen Vermögensschutz – wenn die Beteiligten wissen, wo die wesentlichen Interessen des jeweils anderen liegen und welche Punkte ihm besonders wichtig sind.

 

(Erst) auf dieser Basis erfolgt die technische Umsetzung, der im Prozess besprochenen Bereiche. Dabei werden gegebenenfalls gesonderte Vermögenssphären gebildet, Schnittpunkte zwischen Privat- und Stiftungsvermögen gefunden und Testament und Ehevertrag auf die Ergebnisse der Stiftungskonzeption abgestimmt.

 

Diesen Prozess mit dem Fokus auf den Familienfrieden zu entwickeln und eng zu begleiten, ist einer der Schwerpunkte in unserer strategischen Beratung von Unternehmerfamilien und wesentlicher Teil im Vermögensschutz.