VON ULRICH WELZEL
Die Wichtigkeit von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten im privaten Umfeld wie auch Vollmachten im Unternehmensumfeld ist seit vielen Jahren bekannt. Trotzdem haben viele Vermögende und Unternehmer aus unterschiedlichen Gründen keine Absicherung. Informationen dazu gibt es viele, vielleicht zu viele, um einen klaren Entschluss zu fassen.
Werner K. (69) und seine Frau Monika (65), zwei erfolgreiche vermögende Mittelständler, beschäftigen sich schon lange mit dem Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Werner K., seit langem an einer chronischen Darmerkrankung leidend, und Monika K., vor sechs Jahren am Herzen operiert, konnten sich bis heute nicht dafür entscheiden, weil sie sehr verunsichert sind und sich bisher nicht die Zeit genommen haben, sich ausführlich zu informieren.
Beratung - welche Formulare sind die richtigen?
Oft steht die Frage im Raum: Das Internet ist voll von Formularen, welche soll ich nehmen? Die Verbraucherzentrale hat im Jahr 2018 Online-Patientenverfügungen getestet und kommt zum Urteil: Teurer ist nicht immer besser: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/95945/Online-Patientenverfuegung-Teurer-ist-nicht-immer-besser
Wer sich beraten lassen möchte kann Rat bei Notaren, Rechtsanwälten, Medizinrechtsanwälten, Verbraucherzentralen, Betreuungsvereinen und caritativen Einrichtungen suchen. Deutschlands erfahrenster und profiliertester Medizinrechtsanwalt stellt die aus Sicht des Autors umfangreichsten Verfügungen und Vollmachten kostenfrei zum Herunterladen zur Verfügung: https://www.putz-medizinrecht.de/rechtsgebiete/patientenverfuegung-patientenvollmacht/
Patientenverfügung
In der Patientenverfügung wird geregelt, wie im Fall der Fälle, dass der Aussteller nicht mehr mit Behandlern, Medizinern und Bevollmächtigen kommunizieren kann, medizinisch behandelt werden soll oder welche Behandlungen ausgeschlossen werden sollen.
Vorsorgevollmacht
In der Vorsorgevollmacht sind eine oder mehrere Personen als Bevollmächtige genannt, die für den Fall der Fälle das rechtliche Sprachrohr für den Betroffenen gegenüber Behandlern, Medizinern, Versicherungen, Banken, Gerichten und Juristen sind. Bei dieser Gesamtthematik geht es immer um die Selbst – und Fremdbestimmung.
Schautafel 1
Im Fall einer Erkrankung, wo der Betroffene noch selbst kommunizieren, seinen Willen noch äußern kann und er über die notwendige Einsichtsfähigkeit verfügt, spricht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) von der Selbstbestimmung durch Willenserklärung. Siehe Schautafel 1, linke Seite. Der Betroffene kann selbst über die medizinische Behandlung, lebensverlängernde Maßnahmen oder Sterbenlassen entscheiden und sein Wille ist zu akzeptieren. Ansonsten würden sich alle Beteiligten, wie z.B. Mediziner und Pfleger, strafbar machen.
Für den Fall, dass die Kommunikation nicht mehr möglich ist, treten die Bevollmächtigen auf den Plan und sind dazu verpflichtet, den vorab geäußerten Willen des Betroffenen bis zur letzten Konsequenz umzusetzen.
Gibt es keine Vorsorgevollmacht, bestellt das Betreuungsgericht (beim Amtsgericht) einen gesetzlichen Betreuer. Der Betreuungsrichter ist dazu verpflichtet, zuerst in der Familie zu fragen, wer die Betreuung übernehmen kann. Ist eine Betreuung zum Beispiel aus Altersgründen oder weil der Ehepartner selbst schwer erkrankt ist nicht möglich, wird eine fremde Person, ein gesetzlich bestellter Betreuer, bestimmt. Jetzt bestimmt eine fremde Person über den Betroffenen.
Der Bevollmächtigte, wie auch der gesetzliche Betreuer, können punktuell oder für alle Aufgaben bevollmächtigt werden. Die Aufgabenbereiche umfassen:
- Gesundheitssorge
- Vermögenssorge
- Aufenthalt + Wohnung
- Behörden und Versicherungen
- Post- und Fernmeldeverkehr
- Vertretung vor Gericht
- Erteilung von Untervollmachten
Die Vorsorgevollmacht sollte über den Tod hinaus gelten, sodass bis zum Widerruf der Erben Handlungsfähigkeit zum Beispiel im Vermögenssektor gewährleitet ist.
Auch wenn die Rechtsprechung klar ist (LG Detmold, Urteil vom 14.01.2015 - 10 S 110/14) und Banken eine Vorsorgevollmacht anerkennen müssen, kommt es leider immer wieder zu Ablehnungen und Gerichtsprozessen gegen Banken, weil diese die Vorsorgevollmacht nicht anerkennen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, zusätzlich zur Vorsorgevollmacht eine bankeigene Vollmacht zu unterzeichnen.
Unternehmer sollten früh an Vollmachten denken, weil sonst im Fall der Fälle das gesamte Unternehmen und damit das Lebenswerk gefährdet sein kann.
Generell ist eine Vorsorgevollmacht ab dem 18. Lebensjahr notwendig. Selbst wenn volljährige Kinder noch zuhause wohnen, haben die Eltern im Fall der Fälle keine Vollmachten, über Behandlungen und Eingriffe zu entscheiden. Das gilt bis jetzt auch für Ehepartner und eingetragene Lebensgemeinschaften, für die es keine automatische Bevollmächtigung gibt. Der Bundesrat hat bereits ein Gesetz verabschiedet, durch das Ehepartner im Fall der Fälle automatisch für die Gesundheitssorge bevollmächtigt werden und Entscheidungen treffen dürfen. Dieses Gesetz wird in naher Zukunft in Kraft treten.
Vertrauen und Zutrauen
Das Allerwichtigste bei der Bevollmächtigung ist, dass der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten zu 110% vertraut. Wenn dem nicht so ist gibt es die Möglichkeit, dem Bevollmächtigten einen Kontrollbevollmächtigten an die Seite zu stellen.
Jeder potentielle Bevollmächtigte sollte sich im Vorfeld fragen, ob er sich diese Aufgabe zutraut. Zutraut bedeutet, dass im Extremfall der Bevollmächtigte Behandlern und Medizinern Anweisung geben muss, die lebensverlängernden Maßnahmen einzustellen. Aus der Erfahrung des Autors kommt es immer wieder vor, dass Bevollmächtigte in der Sterbephase des Vollmachtgebers sagen: “Das kann ich nicht. Ich kann nicht das OK für das Abschalten der Maschinen geben.“ Diese Situation sollte bei Erstellung der Vorsorgevollmacht angesprochen werden.
Notarielle Beurkundung
Generell ist eine notarielle Beurkundung nicht notwendig, ergibt jedoch Sinn bei:
- Verlust der Schreibfähigkeit
- Blindheit
- Immobiliengeschäften
- Handelsfirmen
- Darlehensaufnahmen
Im Unternehmenskontext empfiehlt es sich, das betriebliche Notfallmanagement zu überprüfen beziehungsweise auf die Beine zu stellen, sofern es keine Absicherung gibt.
Geltung und Aufbewahrung
Mit Unterschrift unter die Vorsorgevollmacht wird Geltung erlangt, weshalb 110% Vertrauen wichtig ist. Wichtig in dem Bereich ist die Geltung der Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus.
Das Original der Vorsorgevollmacht wird an den Vollmachtinhaber/Bevollmächtigten mit der Kopie der Patientenverfügung ausgehändigt.
Der Vollmachtinhaber hat eine Kopie der Vorsorgevollmacht und das Original der Patientenverfügung im Besitz.
Eine Hinterlegung bei der Bundesnotarkammer in Berlin (www.vorsorgeregister.de) ist sinnvoll. In Berlin werden nicht die Dokumente hinterlegt, sondern der Hinweis auf das Bestehen einer Vollmacht und die Kontaktdaten des/der Bevollmächtigten.
Änderungen vornehmen
Ob in der Patientenverfügung wie auch Vorsorgevollmacht können grundsätzlich jederzeit Änderungen vorgenommen werden. Informationen zum Sachverhalt bekommen Interessierte im Beratungsgespräch.
Der Ex-Banker, Nachlassplaner, Hospizbegleiter und Notfallseelsorger Ulrich Welzel führt jährlich viele Informationsgespräche innerhalb der Caritas Bayern zu den oben genannten Themen. Unser Gastautor hält immer wieder Vorträge zur Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in Unternehmen, Behörden und sozialen Einrichtungen.