Stiftungserrichtung führt zu Klarheit in der Familie

Von Thorsten Klinkner

 

Eine gute Stiftungssatzung ist das Ergebnis eines familieninternen, konsensualen Prozesses, der die Wünsche und Ideen der einzelnen Familienmitglieder aufnimmt und in eine rechtlich und strategisch sichere Form gießt. Dabei legt die Stiftungssatzung auch fest, welche Grundhaltung für die Unterstützung gilt.


Die Gründung einer (unternehmensverbundenen) Familienstiftung ist für Vermögensinhaber und Unternehmer ein großer Schritt. Sie dient auch im Mittelstand als interessantes Instrument zur Entwicklung einer sinnhaften, langfristigen Unternehmensstrategie und Nachfolgeplanung. 

Die zentralen Ziele einer Familienstiftung sind letztlich nur dann zu erreichen, wenn der Stifter seine Vorstellungen von einer langfristigen Struktur in der Stiftungssatzung festhält und dabei über die eigene Lebenszeit hinausdenkt. Die Stiftung ist in der Lage, durch bestimmte satzungsgemäße Vorgaben die Unternehmenskontinuität, auch über den Tod oder das Ausscheiden des Stifters aus den Stiftungsorganen hinaus, zu sichern.

Entscheidend ist die Klarheit. Eine durchdachte Stiftungssatzung schafft klare Spielregeln für die finanzielle Unterstützung der Begünstigten in Gegenwart und Zukunft. Der Stifter schreibt mit der Stiftungssatzung die Partitur. In dieser Partitur können die wesentlichen Spielregeln für den Umgang mit dem Familienvermögen langfristig geregelt werden. Im Optimalfall werden die Spielregeln von allen Mitspielern vereinbart. Wenn einem Beteiligten die Spielregeln „übergestülpt“ werden, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass er sich dagegen wehrt.

Das bedeutet: Die Stiftungssatzung ist das Ergebnis eines familieninternen, konsensualen Prozesses, der die Wünsche und Ideen der einzelnen Familienmitglieder aufnimmt und in eine rechtlich und strategisch sichere Form gießt. Dafür kann es notwendig sein, einen moderierten und strukturierten Prozess anzustoßen, aus dem am Ende die wesentlichen Inhalte für die Satzung hervorgehen.

Durch diesen Prozess gewinnen alle Beteiligten die notwendige Klarheit. Sie wissen, worauf sie sich verlassen können und worauf eben nicht. Zum Beispiel, ob sie sich auf die Familienstiftung als Baustein der eigenen Altersversorgung verlassen können, oder ob die Familienstiftung sie auch nach dem Trennungs- oder Scheidungsfall unterstützt. Auf diese Weise werden individuelle Erwartungen geklärt und das Konfliktrisiko erheblich reduziert. Dies folgt der Erkenntnis: Konflikte basieren in der Regel auf enttäuschten beziehungsweise unklaren Erwartungen.

Die Stiftungserrichtung und das damit verbundene Durchdenken sind eine erhebliche Chance für klare Spielregeln innerhalb der Familie und für den Umgang mit den gewachsenen Vermögenswerten. Durch die Stiftungssatzung werden diese Spielregeln oftmals zum ersten Mal formuliert. Vor der Errichtung einer Stiftung spielen sich, das zeigt unsere Beratungspraxis immer wieder, die allermeisten Gedanken und Planungen allein im Kopf des Unternehmers ab. Durch die Errichtung der Stiftung verändert sich dieser Fokus: Der Stifter denkt darüber nach, was ihm wirklich wichtig ist, reflektiert seine gelebten, bewährten (und gegebenenfalls nicht bewussten) Prinzipien und bringt sie in der Stiftungsverfassung auf den Punkt. Wenn etwas nicht im Bewusstsein verankert ist, kommt man alleine nicht darauf. Das Unbewusste lässt sich alleine nicht erkennen. Erforderlich ist ein Impuls von außen, der eben aus dem moderierten Prozess kommen kann.

Spielregeln sind nur dann gut, wenn sie von allen Beteiligten vereinbart werden. Ansonsten sind sie aufgezwungen. Das gilt auch für die laufenden Zuwendungen aus den Erträgen des Stiftungsvermögens, mit denen die Begünstigten finanziell unterstützt werden. Die Spielregeln der finanziellen Unterstützung können vollkommen individuell nach den Wünschen der Stifter bzw. der Stifterfamilie gestaltet werden. Es besteht Gestaltungsfreiheit, also umfassende Stifterfreiheit.

Einen Ausgangspunkt dafür bildet die Frage, wer begünstigt sein soll. Die Einbeziehung als „begünstigungsfähige“ Person muss nicht zwingend mit der Zugehörigkeit zur Familie übereinstimmen. Auch juristische Personen und damit auch andere Stiftungen, die von Begünstigten errichtet werden, können bedacht werden. Aus der Familie kann die „Kernfamilie“ oder die „erweitere Familie“ im individuell gewählten Umfang begünstigt werden (Geschwister, Eltern, Onkel, Tanten, Nichten, Neffen etc.). 

Dabei legt die Stiftungssatzung auch fest, welche Grundhaltung für die Unterstützung gilt. Soll eine umfassende Versorgung gestaltet werden (Risiko der Verwöhnung), ein bedingungsloses Grundeinkommen oder eine Unterstützung in bestimmten Bereichen oder alternativ durch bestimmte Themen der Zweckverwirklichung (zum Beispiel Gesundheit, Ausbildung, Existenzgründung und/oder Altersversorgung)? 

Die Reflexion dieser Haltungen und Prinzipien erfolgt am besten durch Fragen und die Betrachtung der bisher tatsächlich gelebten Prinzipien der Unterstützung. Dies wird in der Satzung final definiert und ausgearbeitet. Daraus resultiert schlussendlich wiederum Klarheit für den Stifter, die Familie und für die weiteren Shareholder und Stakeholder des Unternehmens. Jedes Familienmitglied erhält seinen Platz im Kosmos des Unternehmens und der übrigen Vermögenswerte, erfährt frühzeitig und unmissverständlich von Bezugsrechten und finanziellen Zuwendungen und wird von Beginn an in die Konzeption des generationenübergreifenden Rahmens für den zukunftsorientierten Vermögenserhalt eingebunden.