Die Treuhandstiftung – eine alternative Form der Familienstiftung ohne Erbersatzsteuer? (Teil 3/4)

VON MATTHEO ENS

 

In unseren ersten beiden Beiträgen zur Treuhandstiftung haben wir sie rechtlich eingeordnet sowie die zivil- und haftungsrechtlichen Folgen der Auflagenschenkung und des Treuhandvertrags miteinander verglichen. In dem nun folgenden Beitrag werden wir die (erbschaft-)steuerlichen Rechtsfolgen darstellen und überprüfen, ob sich die Treuhandstiftung als Instrument der Unternehmensnachfolge eignet.


1. Vermögensausstattung 

Der Vermögensausstattung der Treuhandstiftung liegt zivilrechtlich eine Schenkung (unter Auflagen) zu Grunde. Dieser Vorgang unterliegt daher als Schenkung unter Lebenden grundsätzlich der Erbschaftsteuer (§ 1 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG).  Die Sondervorschrift der Vermögensausstattung einer rechtsfähigen Stiftung (§ 7 Absatz 1 Nummer 8 ErbStG) mit der Folge des Steuerklassenprivilegs für Stiftungen (höhere Freibeträge, günstige Steuerklasse I) ist daher auf die Treuhandstiftung nicht anwendbar.

Nach einer anderen Ansicht liegt wegen der Treuhand- oder Schenkungsauflage dagegen kein steuerbarer Vorgang vor, da es bereits an einer freigiebigen Zuwendung fehle und der Stiftungsträger letztlich über das Stiftungsvermögen gar nicht frei verfügen könne. Doch auch nach der ersten Ansicht, die eine freigiebige Zuwendung bejaht, kann die Steuerlast in der Regel verhindert werden. Denn die Auflage, nach welcher der Stiftungsträger zu handeln hat, kann bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Steuer als Last von dem zugewendeten Vermögenswert abgezogen werden (§ 10 Absatz 5 Nummer 2 Alternative 2 ErbStG). 

Bei einer (Treuhand-)Familienstiftung, bei welcher der Stiftungsträger das Vermögen ausschließlich im Interesse der Stifterfamilie verwenden darf und sämtliche Erträge des Vermögens an die Begünstigten Familienmitglieder auskehren muss, sollte der abzugsfähige Kapitalwert der Auflage den zugewendeten Vermögenswert neutralisieren, sodass es nicht zu einer Besteuerung kommt. Dies kann sich allerdings ggf. schwierig gestalten, sodass die Vermögensmasse bereits an dieser Stelle – vorbehaltlich der Möglichkeit zur Verschonung von Betriebsvermögen – mit der Schenkungsteuer belastet wird.* Darüber hinaus liegt jedoch keine Zweckzuwendung gegenüber dem Stiftungsträger vor (§ 8 ErbStG), da das Vermögen einem bestimmten Personenkreis gewidmet wird. 

 

*Anmerkung: Die Bewertung der Auflage richtet sich nach den Erträgen des Vermögens. Bei Grundstücken (bzw. Gesellschaften mit Grundvermögen) ist aber regelmäßig der (hohe) Substanzwert maßgebend, sodass die Auflage ggf. nur zu einer unwesentlichen Minderung führen kann. Anders kann das beispielsweise bei GmbH-Anteilen sein, die nach dem Ertragswertverfahren bewertet werden.

 

2. Auskehrung an die Begünstigten

Die Besteuerung mit der Schenkungsteuer erfolgt nach den allgemeinen Regeln. Bei einer Errichtung der Treuhandstiftung zu Lebzeiten liegt mit jeder Zuwendung, die der Stiftungsträger entsprechend des Stiftungszwecks an die Begünstigten vollzieht, eine Schenkung unter Lebenden (des Stifters an die Begünstigten) vor (§ 7 Absatz 1 Nummer 2 ErbStG). Für die Steuerklasse ist das Verwandtschaftsverhältnis zum Stifter entscheidend (§ 15 ErbStG). Die Steuer entsteht mit der Vollziehung der Auflage (§ 9 Absatz 1 Nummer 1 Buchst. d) ErbStG), also jedes Mal, wenn der Stiftungsträger eine Zuwendung an einen Begünstigten vornimmt. Steuerschuldner ist der Begünstigte. 

Letztlich könnte durch die Errichtung einer Treuhandstiftung auf diese Weise eine, durch eine Satzung geregelte, vorweggenommene Erbfolge vollzogen werden, da beispielsweise jedem Kind innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren steuerfrei EUR 400.000 zugewendet werden können.

 

Zwischenfazit:

Die These, dass die Treuhandstiftung keiner Erb- oder Schenkungsteuer unterliegen würde, trifft nicht zu. Zwar kann die Vermögensübertragung an den Stiftungsträger aufgrund des Kapitalwerts der Auflage regelmäßig reduziert werden. Allerdings führt jede Zuwendung an einen Begünstigten zu einer neuen schenkungsteuerpflichtigen Zuwendung. Hier können allenfalls die normalen steuerlichen Freibeträge in Anspruch genommen werden. 

 

3. Laufende Besteuerung 

Die unselbstständige Treuhandstiftung ist zwar keine juristische Person, unterliegt aber dennoch der Körperschaftsteuer (§ 1 Absatz 1 Nummer 5 KStG). Das ist dann der Fall, wenn sie gegenüber dem Stiftungsträger wirtschaftlich selbstständig ist. Andernfalls wäre das Vermögen bei dem Stiftungsträger mit seinem persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern. Eine wirtschaftliche Selbstständigkeit liegt immer dann vor, wenn das Stiftungsvermögen dem Stiftungszweck dauerhaft gewidmet ist, der Stiftungsträger das Vermögen gesondert von seinem sonstigen Vermögen als Sondervermögen verwaltet, und eine Verfolgung unterschiedlicher Zwecke durch Stiftungsträger und unselbstständige Stiftung vorliegt. 

Bei einer (Treuhand-)Familienstiftung unter einer Auflagenschenkung sind diese Voraussetzungen in der Regel gegeben. Vorstellbar ist jedoch, dass der Stiftungsträger eine verwandte Person des Stifters ist und als Begünstigter somit denselben Zweck verfolgt. Um trotzdem als wirtschaftlich selbstständig zu gelten, muss die Stiftung in diesem Fall über ein zusätzliches unabhängiges Entscheidungsgremium verfügen.

Im Ergebnis sollte daher erreicht werden, dass die unselbstständige Stiftung aufgrund ihrer wirtschaftlichen Selbstständigkeit dem günstigen Körperschaftsteuersatz in Höhe von 15 % unterliegt. 

 

4. Erbersatzsteuer 

Nach der aktuellen Entscheidung des BFH (BFH Urteil vom 25.01.2017 – II R 26/16) unterliegt die unselbstständige Treuhandstiftung nicht der Erbersatzsteuer. Diese Entscheidung ist konsequent, da es sich nicht um eine rechtsfähige Familienstiftung handelt. 

Im Übrigen verschafft dieses Urteil jedoch keinerlei Vorteile gegenüber anderen Rechtsformen. Denn sobald der Stiftungsträger verstirbt und das Treuhandvermögen einem anderen Rechtsträger zufällt, unterliegt dieser Fall der regulären Erbschaftsteuer. Ist der Stiftungsträger eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, so würde die Vermögenssubstanz mit der Erbschaftsteuer belastet, wenn die Gesellschafter ihre Anteile vererben. 

 

Beispiel:

Der Stiftungsträger ist eine natürliche Person. Im Treuhandvermögen befinden sich GmbH-Anteile, die ihm vom Stifter unter der Auflage übertragen wurden, die Erträge (Dividenden) jeweils monatlich an seine vier Kinder auszukehren, sodass die Bemessungsgrundlage der Schenkungsteuer im ersten Schritt bei der Übertragung auf ihn (weitestgehend) neutralisiert werden konnte.  

Stirbt jetzt der Stiftungsträger, so bestimmt die Satzung, dass das gesamte Vermögen den vier Kindern anfallen soll (Nacherbschaft oder Nachvermächtnis). Dieser Vorgang wäre – abzüglich der Freibeträge – voll schenkungsteuerpflichtig. 

Die Aufrechterhaltung der Treuhandstiftung über mehrere Generationen ist indes nicht möglich. Denn die Verpflichtung gegenüber dem Stiftungsträger, das Stiftungsvermögen ebenfalls unter einer Auflage an die Kinder weiterzugeben wird durch das Erbrecht ausgeschlossen, auch wenn das Gesetz grundsätzlich keine zeitliche Beschränkung für Auflagen vorsieht (§ 2302 BGB untersagt es, jemandem aufzuerlegen, eine bestimmte Verfügung von Todeswegen zu treffen). Die Auflage wirkt im Ergebnis nur zwischen Stifter und Stiftungsträger und nur so lange der Stiftungsträger lebt. 

Auch bei einem Treuhandvertrag könnte die Vermögenssubstanz nicht einheitlich über mehrere Generationen hinweg verwaltet werden. Im Falle des Todes des Stifters würde der Treuhandvertrag mit den Erben fortgesetzt (§ 672 BGB). Diese könnten allerdings jederzeit kündigen und die Substanz an sich ziehen. Im Falle des Todes des Stiftungsträgers würde der Auftrag im Zweifel erlöschen (§ 673 BGB), sofern der Stifter nicht ausdrücklich den Fortbestand durch einen neuen Stiftungsträger vorsieht. Auch hier wäre eine Kündigung der Erben möglich. In jedem Fall käme es auch bei einer Treuhand bei Versterben des Stiftungsträgers zu einem Rechtsträgerwechsel mit entsprechender Erbschaftsteuerpflicht. 

 

Fazit: 

Die Treuhandstiftung unterliegt nicht der Erbersatzsteuer. Dies ist jedoch kein wirtschaftlicher Vorteil, da die Vermögenssubstanz regelmäßig der regulären Erbschaftsteuer unterliegt. Zugleich ist festzustellen, dass sich die Treuhandstiftung als Instrument der Nachfolge nur für einen Generationswechsel eignet. Gleichwohl kann die Vermögenssubstanz als einheitliche Vermögensmasse gerade nicht vor einer Zersplitterung geschützt werden, da es auch dann zu einem regulären Erbfall kommt. In dem Fall, in welchem der Wert des Treuhandvermögens den Wert der Auflage bei weitem übersteigt (beispielsweise Grundvermögen), ist es sogar möglich, dass es bereits bei der Vermögensübertragung auf den Treuhänder zu einer Schenkungsteuerbelastung kommt.