Die Treuhandstiftung – eine alternative Form der Familienstiftung ohne Erbersatzsteuer? (Teil 1/4)

VON MATTHEO ENS

 

In unserer Beratungspraxis wird vermehrt die Rechtsform der sogenannten Treuhandstiftung (auch unselbstständige Stiftung oder fiduziarische Stiftung) angefragt. Interesse weckt dieses Gestaltungsprinzip insbesondere, weil die Vermögensmasse der Treuhand im Gegensatz zur Familienstiftung keiner Erbersatzsteuer unterliegt.


So wird am Markt regelmäßig die These vertreten: „Die Vermögensmasse wird weder bei der Errichtung der Stiftung mit der Schenkungsteuer noch nach Ablauf von 30 Jahren mit der Erbersatzsteuer belastet.“

Im Übrigen kann die Treuhandstiftung zeitsparend und kostengünstiger gegründet werden. Denn ein behördliches Anerkennungsverfahren – das regelmäßig zwischen sechs bis neun Monate dauern kann – ist nicht notwendig, da es sich nicht um eine rechtsfähige Stiftung handelt. Weiterhin sind bei der Gründung weder ein Mindestkapital noch ein Mindestmaß an laufenden Erträgen erforderlich, sodass die Treuhandstiftung grundsätzlich auch mit EUR 1 errichtet werden kann. Denn die zum Teil restriktiven landesrechtlichen Vorschriften für (rechtsfähige) Stiftungen (Landesstiftungsgesetze) finden keine Anwendung, sodass die Treuhandstiftung auf den ersten Blick ein Mehr an Flexibilität bei der Ausgestaltung der Satzung und der Vermögensverwaltung bietet. Kehrseitig könnte diese Flexibilität jedoch auch dazu führen, dass sich die Ausarbeitung der Satzung noch anspruchsvoller gestaltet. 

 

Die folgende vierteilige Beitragsreihe wird die oben dargestellten Thesen untersuchen. Der erste Beitrag unserer Reihe beschäftigt sich insbesondere mit der rechtlichen Einordnung der Treuhandstiftung. 

 

Das Treuhandverhältnis

 

Bei der Treuhandstiftung handelt es sich nicht um eine eigene Rechtsform und damit auch nicht um eine klassische Stiftung im Rechtssinne. Sie ist keine eigenständige juristische Person und kann folglich nicht selbstständig im Rechtsverkehr auftreten. Sie wird daher im Allgemeinen auch als unselbstständige Stiftung bezeichnet. Es bedarf immer einer natürlichen Person oder juristischen Person als Treuhänder (Kapital- oder Personengesellschaften - z.B. GmbH & Co. KG), die das Treuhandvermögen gemäß des Treuhandvertrags nach dem Willen des „Stifters“ verwalten. Gemeinsames Charakteristikum der Treuhandstiftung und der „echten“ Stiftung ist, dass der Stifter einen Teil seines Vermögens aus seinem privaten Vermögen aussondert und einem besonderen Zweck widmet. 

Da es sich nicht um eine rechtsfähige Stiftung handelt, sind die landesrechtlichen Stiftungsgesetze nicht anwendbar. Es bedarf keiner behördlichen Anerkennung. Die Treuhandstiftung unterliegt folglich nicht der staatlichen Aufsicht und es ist kein Mindestkapital erforderlich. Diese These trifft demnach zu. 

 Das Treuhandverhältnis kann nach der zivilrechtlichen Vertragsfreiheit beliebig ausgestaltet werden. 

 

a) Treuhandvertrag 

Das Verhältnis kann als Treuhandvertrag ausgestaltet werden. Zivilrechtlich liegt zwischen dem Stifter und dem Treuhänder dann entweder ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) oder - bei Unentgeltlichkeit - ein Auftrag (§§ 662 ff. BGB) vor. Folglich stehen dem Stifter weitreichende Widerrufs- und Kündigungsrechte zu. Darüber hinaus hat er ein starkes Weisungsrecht gegenüber dem Treuhänder.

 

Diese Rechte aus dem Treuhandvertrag gehen im Falle des Todes des Stifters auf die Erben über. Im Ergebnis könnte der Tod des Stifters folglich den Bestand der Treuhand gefährden, wenn die Erben das Vermögen zurückführen möchten, indem Sie beispielsweise den Treuhandvertrag kündigen. 

 

Bei der Errichtung einer klassischen Stiftung hingegen handelt es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft, mit dem sich der Stifter dazu verpflichtet, das Vermögen auf Dauer (ohne Widerruf) an die Stiftung zu übertragen. Dem Stiftungsvorstand wird dabei für die Vermögensverwaltung ein gewisser Ermessensspielraum gewährt. Der Tod des Stifters hat keine Auswirkungen auf die Verwaltung des Stiftungsvermögens, da die Familienstiftung dauerhafte Eigentümerin wird (ohne vertraglichen Rückgriff). 

 

Letztlich erweist sich das Treuhandmodell nicht als belastbare Alternative zu der rechtsfähigen Stiftung, mit der eine dauerhafte und von den persönlichen Lebensrisiken der Stifterfamilie unabhängige Zweckwidmung des Familienvermögens erreicht wird. 

 

b) Auflagenschenkung

Die Literatur geht daher im Falle einer Treuhandstiftung – ohne ausdrückliche Bezeichnung der Parteien als Treuhandvertrag – in mittlerweile überwiegender Meinung davon aus, dass es sich zivilrechtlich in der Regel um eine Schenkung unter einer Auflage handelt (§§ 516, 525 BGB). Soll es sich daher um einen Treuhandvertrag handeln, muss dieser Vertrag konkret so ausgestaltet sein.

Folglich wird das Stiftungsvermögen zivilrechtlich an den Stiftungsträger übertragen (dauerhafter Eigentumsübergang). Dieser ist allerdings verpflichtet, das Vermögen entsprechend der Auflage zu verwalten, welche bei der Treuhandstiftung durch die Regelungen der Stiftungssatzung verkörpert wird. 

Bei einer Schenkung unter Auflagen gibt es im Grundsatz keine Widerrufsmöglichkeit für die Erben. Die Vermögensübertragung kann allenfalls durch den Stifter selbst, wegen Verarmung oder einer groben Verfehlung des Beschenkten (Treuhänder) rückabgewickelt werden. 

Der Stifter kann das Vermögen allerdings herausverlangen, wenn die Erreichung des Stiftungszwecks unmöglich geworden ist. Beispiel: Das Vermögen wurde der finanziellen Absicherung der Abkömmlinge in gerader Linie gewidmet, wobei der Familienstamm nun ausgestorben ist. 

Der Stifter sollte jedoch für den Fall, dass der Treuhänder aus der Vermögensverwaltung ausscheidet (Erreichen einer Altersgrenze oder Tod) einen Nachfolger, besser noch ein Regelungswerk zur Bestimmung eines Nachfolgers in der Satzung bestimmen. Der Stifter muss den Treuhänder/Stiftungsträger testamentarisch als Vorerben, einen Nachfolger als Nacherben einsetzen. Denn es ist erbrechtlich ausgeschlossen (§ 2303 BGB), dass der Stifter dem Stiftungsträger aufgibt, das Vermögen seinerseits nur unter einer Auflage zu vererben (die Verfügung von Todes wegen darf grundsätzlich nicht durch einen anderen vorherbestimmt sein). 

Alternativ kann auch geregelt werden, dass das gesamte Vermögen in diesem Fall an eine bestimmte Person/Organisation (gemeinnützige Stiftung) übertragen werden soll. 

 

Fazit: 

Die Ausgestaltung der Treuhandstiftung kann flexibel durch den Stifter erfolgen. Aufgrund der zivilrechtlichen Vertragsfreiheit ist es möglich, das Verhältnis wie einen Treuhandvertrag aufzusetzen, welcher gekündigt werden kann und nach dem Tod des Stifters seinen Erben anfallen wird.

Möchte der Stifter eine, der selbstständigen Stiftung angenäherte Stiftung errichten, die auf Dauer ausgelegt ist, seinen Tod überdauert und das Vermögen endgültig aus seinem privaten Vermögen aussondert, so wird er die Satzung/den Vertrag wie eine Schenkung unter einer Auflage ausgestalten.