Die unternehmensverbundene Familienstiftung als flexibles Instrument der Unternehmensnachfolge (Teil 2 von 2)

VON MATTHEO ENS

 

In der Vorwoche habe ich Ihnen die Vorteile einer unternehmensverbundenen Familienstiftung gegenüber der vorweggenommenen Erbfolge dargestellt. Hieran anknüpfend stelle ich Ihnen in dem folgenden Beitrag die Vorteile einer unternehmensverbundenen Familienstiftung gegenüber einer Nachfolgeregelung in einem Testament oder in Form von Nachfolgeklauseln im Gesellschaftsvertrag vor.


IV.  Testament und Alternativen bei Übertragung auf den Erbfall 

 

Kommt eine vorweggenommene Erbfolge aufgrund des jungen Alters oder der Kinder oder aus anderen Gründen nicht in Betracht, so stellt sich die Frage, wie sich der Unternehmer den Übergang des Unternehmens auf den Erbfall vorstellt. 

Regelungen hierzu sind grundsätzlich mit einem erheblichen Arbeitsaufwand für Juristen verbunden, da sie die Bedürfnisse des Unternehmers vollumfänglich abdecken müssen:

  • Das Unternehmen betriebswirtschaftlich zu sichern. 
  • Erben abzufinden.
  • Den Ehegatten und die direkte Familie nach dem Tode zu versorgen. 
  • Die Unternehmensfortführung vor feindlichen Übernahmen zu sichern.

Dabei müssen alle handels-, gesellschafts- und erbrechtlichen Anforderungen berücksichtigt werden. Daher ist ein einfaches Testament für Zwecke einer gesamten Unternehmensnachfolge in der Regel nicht ausreichend. 

 

V.  Erbengemeinschaft und Testamentsvollstreckung

 

Im Falle des Testaments besteht der Nachteil in dem rechtlichen Instrument der Erbengemeinschaft. Mitglieder dieser Gemeinschaft können nur gemeinschaftlich rechtsgeschäftlich handeln. Im Zweifel wird für rechtsgeschäftliches Handeln die Zustimmung aller erforderlich. Dieses Erfordernis kann eine effiziente Geschäftsführung behindern. Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft gehen zu Lasten des Unternehmens. Die Erbauseinandersetzung kann sich auf einen langen Zeitraum erstrecken. 

  Oft wird zur Übergangsverwaltung der Gesellschaft ein Testamentsvollstrecker als Streitschlichter eingesetzt. Der klassische Testamentsvollstrecker dient der Abwicklung der Erbengemeinschaft. Ziel des Testamentsvollstreckers ist die Verteilung der Erbmasse.

  Findet sich über die Jahre kein Unternehmensnachfolger, so kann als letzter Ausweg die Dauertestamentsvollstreckung herangezogen werden. Der Dauertestamentsvollstrecker übernimmt die Verwaltung des fremden Vermögens der Erben. Im Gegensatz zur Abwicklungsvollstreckung ist die Dauertestamentsvollstreckung darauf ausgelegt, dass ein fremder Dritter das Vermögen zur Ertragserzielung verwaltet und diese Erträge an die Erben herausgibt. 

  Inwieweit der Vollstrecker die Erträge an die Erben herausgeben muss, richtet sich in erster nach den testamentarischen Anordnungen des Erblassers, nachrangig nach den – auslegbaren – Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Die Erben haben dabei auch Rechtsansprüche gegen den Vollstrecker auf solche Zuwendungen. Doch auch wenn der Erblasser frühzeitig genaue testamentarische Regelungen verfügt hat, welche die finanzielle Absicherung der Erben sicherstellen können, so gelten diese Regelung gesetzlich höchstens 30 Jahre lang. Danach werden diese durch den Erblasser getroffene Regelungen hinfällig. 

  Die Dauertestamentsvollstreckung kann daher als Instrument der Unternehmensnachfolge nur funktionieren, wenn ein Vollstrecker in der Lage ist, die Geschäftsführung des Unternehmens langfristig zu verantworten, das Testament ein gerechtes System von finanziellen Zuwendung an die Erben vorsieht und schon zum Zeitpunkt des Todes klar ist, was spätestens in 30 Jahren mit der Vermögenssubstanz geschehen soll. Letzteres wird vielfach nicht zu beantworten sein. 

 

VI.  Nachfolgeklauseln als alternative Gestaltung 

 

Die alternativen Gestaltungen dienen in der Regel dazu, die Erbengemeinschaft zu umgehen. Dazu bestehen die gängigen Möglichkeiten der Fortsetzungsklausel (Anwachsung des Gesellschaftsanteils auf die übrigen Gesellschafter), der Einziehungsklausel (die Gesellschaft hat das Recht aus dem Gesellschaftsvertrag, den Anteil des Versterbenden einzuziehen) oder beispielsweise das Eintrittsrecht eines Dritten. 

  Diese Fortsetzungs- und Nachfolgeklauseln sind jedoch in erster Linie darauf ausgerichtet, den Fortbestand und die fortlaufende sachgerechte Gesellschaftsführung sicherzustellen. Die Vermögensverwaltung und finanzielle Absicherung der verbleibenden Familienmitglieder bleiben daneben auf der Strecke. Dass dadurch Erben, die nicht von diesen Klauseln berücksichtigt werden, abgefunden werden müssen, ist sachgerechte Folge aus dem Gesetz, um ihnen ihren Anspruch an der Erbmasse in Geld zu gewähren (Pflichtteil).

  Probleme ergeben sich, wenn ausreichende Liquidität zur Befriedigung solcher Ansprüche fehlt. Daneben wird Liquidität zur Finanzierung der Erbschaftsteuer benötigt. Werden nicht Verwandte begünstigt und als Nachfolgegesellschafter eingesetzt, würde nur ein Freibetrag in Höhe von EUR 20.000 gewährt (Ausnahme: Verschonung von begünstigtem Betriebsvermögen). 

  Die Familienmitglieder können, wenn daneben ausreichend Vermögen besteht, auch auf ihren Pflichtteil verzichten. Allerdings ist auch ein Verzicht auf den Pflichtteil erbschaftsteuerpflichtig. Außerdem würde dann die nachhaltige Versorgung der Familienmitglieder aus den zukünftigen Erträgen der Gesellschaft wegfallen. 

  Im Ergebnis begünstigen gesellschaftsrechtliche Nachfolgeklauseln in erster Linie das Unternehmen und versuchen, die Familienmitglieder, die sich nicht an der Unternehmensfortführung beteiligen möchten/können im Sinne des Unternehmens abzufinden. 

  Zur generationsübergreifenden Versorgung der Familie sowie dem Schutz vor feindlichen Übernahmen eignen sich Nachfolgeklauseln nicht. Denn die Gesellschaftsanteile gehen vollständig in das Eigentum der neuen Gesellschafter über. Diese können zukünftig darüber verfügen, den Gesellschaftsvertrag ändern und gegen den Willen und die Philosophie des ehemaligen Unternehmers handeln. Durch die Abfindungszahlung sind jegliche Ansprüche der Erben aus dem Gesellschaftsvermögen abgegolten. Sie partizipieren zukünftig nicht mehr. 

 

VII.  Lösung: Familienstiftung

 

Die Familienstiftung stellt das flexiblere und nachhaltigere Instrument dar, um den Erbfall bereits zu Lebzeiten des Unternehmers ohne Testament und gesellschaftsrechtliche Klauseln zu regeln. Unabhängig davon, ob die Kinder, nur ein Kind oder Personen, die nicht zur Familie gehören, das Unternehmen fortführen wollen oder können, bleibt die Familienstiftung als stabile Gesellschafterin des Unternehmens unabhängig von persönlichen Risiken der Unternehmerfamilie.

  Gesellschaftsrechtliche Klauseln sind nicht notwendig. Die Nachfolge kann in der Satzung der Stiftung flexibel geregelt werden, ohne die Eigentumsstruktur verändern zu müssen. Innerhalb der Familienstiftung kann eine ausgewogene Machtverteilung zwischen Vorstand, Aufsichtsrat, Familienversammlung und flexibel gestaltbaren zusätzlichen Organen geregelt werden. 

  Abfindungsansprüche bestehen nicht mehr, wenn die Vermögensübertragung zehn Jahre vor dem Tode des Stifters stattgefunden hat.

  Die Familienstiftung kann den Fortbestand des Unternehmens sichern, ohne die Versorgung der Stifterfamilie zu vernachlässigen. Den Familienmitgliedern können verbindliche Ansprüche auf Zuwendungen nach dem Tode des Stifters durch die Satzung zugeschrieben werden. Die Versorgung der Familie mit den Erträgen der Gesellschaft bleibt somit nachhaltig gesichert, ohne dass die Familienmitglieder zwingend Gesellschafter sein oder Funktionen in der Gesellschaft oder Stiftung übernehmen müssen.