Die unternehmensverbundene Familienstiftung als flexibles Instrument der Unternehmensnachfolge (Teil 1 von 2)

VON MATTHEO ENS

 

In meiner Artikelserie stelle ich Ihnen diese und nächste Woche die Vorteile einer Familienstiftung gegenüber alternativen Nachfolgelösungen zu Lebzeiten und auf den Erbfall vor. Die Serie startet mit den Vorteilen einer unternehmensverbundenen Familienstiftung gegenüber der vorweggenommenen Erbfolge.


I.  Vorteile der vorweggenommenen Erbfolge zu Lebzeiten

 

Ein Weg der wirtschaftlich und steuerlich optimierten Unternehmensnachfolge besteht in der vorweggenommenen Erbfolge, die rechtlich an einen Generationennachfolgevertrag geknüpft wird. Dieser enthält die einzelnen Rahmenbedingungen der Unternehmensfortführung durch den Nachfolger. Der Gesellschaftsvertrag muss in der Regel beachtet und unter Umständen auch angepasst werden. Der Haftungsübergang vom Alt- auf den Neugesellschafter sollte vertraglich fixiert werden. Dies hat im Gegensatz zu einem klassischen Testament sowohl einen unternehmerischen und wirtschaftlichen als auch steuerlichen Effekt. 

  • Werden die Unternehmensanteile bereits zu Lebzeiten auf die Kinder übertragen, so fallen diese nach Ablauf von zehn Jahren seit der Schenkung vollständig aus der Erbmasse heraus. Es gibt dann KEINE Abfindungsansprüche. 
  • Werden Unternehmensanteile schrittweise an die Kinder übertragen, kann jeweils im Zeitraum von zehn Jahren ein steuerlicher Freibetrag in Höhe von EUR 400.000 pro Kind in Anspruch genommen werden. Die Anteile können also alternativ auch gestückelt übertragen werden. 
  • Die einkommensteuerliche Progressionsstufe wird verringert („Familiensplitting“). 
  • Die Kinder können kontinuierlich an Beteiligung und Führungsverantwortung herangeführt werden (Stufenmodell). 

II.  Grenzen der Gestaltung 

 

Diese Herangehensweise stößt an ihre Grenzen, wenn der Unternehmer sich frühzeitig mit einer Nachfolgelösung beschäftigen möchte und die Kinder noch nicht das Alter oder den Ausbildungsgrad erreicht haben, in dem sie das Unternehmen fortführen können. In diesen Fällen erscheint die Übertragung von zur Mitsprache berechtigenden Anteile nicht sinnvoll.

  Daneben ist fraglich, ob der Unternehmer seinen Kindern ein derart großes Vermögen en bloc übertragen möchte. Dosierte Zuwendungen, die leistungsbezogen oder angepasst an die jeweilige Lebenssituation des Kindes gezahlt werden (Schule, Studium, Ausbildung etc.), sind bei dem Modell der vorweggenommenen Erbfolge nicht möglich. 

  Der Generationennachfolgevertrag kann nicht ausschließen, dass der Gesellschaftsvertrag zukünftig durch die neuen Gesellschafter geändert wird. Auch kann dadurch nicht ausgeschlossen werden, dass die Anteile von den zukünftigen Anteilseignern an außenstehende Dritte veräußert werden. Insbesondere enthält dieser Vertrag keine unumstößlichen Prinzipien zur Unternehmensführung, die den Unternehmer überleben. 

  Es bleibt eine Alternative, dass der Unternehmer sich einen Nießbrauch an den Gesellschaftsanteilen bestellt, sodass ihm die Erträge weiter zufließen, während die Kinder Eigentümer der Anteile werden. Jedoch wird das Stimmrecht nicht von dem Nießbrauch erfasst, sondern würde den Kindern zufallen. Lediglich bei einer GmbH können nahezu uneingeschränkt stimmrechtslose Anteile gebildet werden. 

 

III.  Lösung: Familienstiftung

 

Die Familienstiftung bildet eine selbstständige Vermögensmasse, die dem Privatvermögen des Stifters dauerhaft entzogen ist. Da es an der Stiftung keine Anteile gibt, fallen die von der Familienstiftung gehaltenen Beteiligungen auch NICHT mittelbar in die Erbmasse. Daher werden Abfindungsansprüche, wie bei der vorweggenommenen Erbfolge, nach Ablauf von zehn Jahren seit der Übertragung vollständig vermieden. 

  Bis zu seinem Tode kann der Stifter die Geschicke des Unternehmens über die Vorstandsposition in der Familienstiftung und als Geschäftsführer auf Unternehmensebene selbst lenken. Potenzielle Nachfolger innerhalb der Familie können beispielsweise zu Lebzeiten des Unternehmers/Stifters unternehmerische Verantwortung übernehmen, indem Sie in einem kontrollierenden Organ (Aufsichtsrat) oder beratenden Organ (Familienversammlung) entsprechende Aufgaben wahrnehmen, ohne Eigentümer zu werden (Flexibilität in der Ausgestaltung). So können Familienmitglieder (Kinder) planbar vor dem zeitlich unbestimmbaren Tod des Stifters an die Vermögensverwaltung der Stiftung herangeführt werden. 

  Begünstigte Familienmitglieder können – frei gestaltbar – nach den individuellen Vorgaben des Stifters in der Satzung dosierte Zuwendungen erhalten. Gleichwohl können sie die Vermögenssubstanz aus der Stiftung heraus steuern, ohne selbst Eigentümer zu werden (Flexibilität). Sie müssen nicht „in die Fußstapfen der Unternehmensführung treten“. 

  Die Unternehmensphilosophie des Stifters kann durch die Satzung generationsübergreifend aufrechterhalten werden. Die Satzung kann in ihren Wesenszügen nicht verändert werden (Stabilität). Der Stifter kann daher nachhaltige Grundsätze zur Unternehmensführung, Entnahmen, Rücklagenbildung, Ausschüttungsverhalten, sonstiger Vermögensverwaltung und insbesondere auch für die Personalbesetzung aufstellen, die in der Generationenfolge verbindlich bleiben. 

  Bei der Vermögensausstattung der Stiftung kann ein erbschaftsteuerlicher Freibetrag bis zu EUR 100.000 in Anspruch genommen werden, wenn die Familienstiftung nachhaltig generationsübergreifend die Familie versorgen soll (wären nur die bereits geborenen Kinder begünstigt – Lösung für eine Generation – sogar EUR 400.000). Daneben kann begünstigtes Betriebsvermögen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer verschont werden.