Vermögensverwaltung: Sorgfaltspflicht durch Transparenz erfüllen

VON ALEXANDER ETTERER (Gastautor)

Gemeinnützige Stiftungen benötigen im Niedrigzinsumfeld neue Lösungen in der Vermögensverwaltung. Entscheidend ist aber, den aufsichtsrechtlich geforderten Entscheidungsprozess sauber zu dokumentieren. Dabei können Instrumente wie ein Transparenzbericht für Spezialfonds helfen.


Die grundlegende rechtliche Bedingung einer gemeinnützigen Stiftung ist, dass sie nur von ihren Erträgen leben darf. Das Grundstockvermögen darf in aller Regel nicht angetastet werden, um die Gemeinnützigkeit und damit die steuerliche Förderung nicht aufs Spiel zu setzen. Das führt natürlich in der aktuellen, langlaufenden Niedrigzinsphase zu erheblichen Schwierigkeiten, da sich mit den traditionellen Mitteln der Stiftungs-Vermögensverwaltung keine Erträge mehr erzielen lassen, um die

Stiftungszwecke entsprechend erfüllen zu können: Dadurch, dass die Ertragsseite

der bisher sicheren Rentenpapiere so gut wie weggebrochen ist, kommt ein Zielkonflikt zum Tragen, der dringend nach Lösungen sucht.

 

Die Stiftungsaufsicht lässt solche Anpassungen durchaus zu. Für die Formulierung der Anlagerichtlinie, unter anderem im Hinblick auf die Definition des Risikos, der eingesetzten Anlageklassen und Anlageinstrumente, bestehen für Stiftungen keine konkreten Regelungen. Laut den Vorgaben des Gesetzgebers ist es zentrale Aufgabe der Stiftung selbst, eine Anlagestrategie zu entwickeln, die den Anlagezielen „Vermögenserhaltung“ und „Zweckverwirklichung“ ausreichend Rechnung trägt. So heißt es beispielsweise in Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayStG: „Das Vermögen der Stiftung ist sicher und wirtschaftlich zu verwalten“ und in Art. 6 Abs. 2 BayStG: „Das Vermögen ... (Grundstockvermögen), ist ungeschmälert zu erhalten.“ § 80 Abs. 2 BGB verlangt die „dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks“.

 

Viele Landesregierungen, die für die Aufsicht der Stiftungen zuständig sind, haben das Niedrigzins-Problem auch erkannt. Deren Antwort lautet oftmals auf den Punkt gebracht: „Satzungszweckerfüllung geht vor Kapitalerhalt“, so zumindest die Regierung von Oberbayern. Demnach hat die Erwirtschaftung von Erträgen Vorrang vor der Gefahr eines kurzfristigen Kapitalverlustes; wobei das Bayerische Stiftungsgesetz den Gesetzestext jedoch nicht angepasst hat. Der langfristige Blick auf den Erhalt des

Grundstockvermögens bleibt davon unberührt und gültig. Dies öffnet Raum für

neue Denkprozesse, die Anlagestruktur des Grundstockvermögens den heutigen

veränderten Kapitalmarktbedingungen anzupassen. Bei der praktischen Umsetzung

dieser Positionierung lässt die Aufsicht die Stiftungen allerdings alleine.

 

Doch was kann eine Stiftung konkret tun, um sich aus dieser „Zwangsjacke“ zu befreien? Die naheliegende Antwort: eine neue Vermögensverwaltungsstrategie muss her. Dabei kommt es aber auf innovative Konzepte an, die den Anforderungen von gemeinnützigen Stiftungen wirklich entgegenkommen. Leider zeigt der Markt, dass Vermögensverwalter mehr als eine Erhöhung der Aktienquote und die Substituierung der klassischen Staats-, oder Unternehmensanleihen durch High-Yield-, oder Emerging-Market-, beziehungsweise Währungsanleihen nicht zustande bringen. Dabei kann eine behutsame, individuelle Anpassung der Stiftungs-Vermögensverwaltung zu echten Erfolgen führen, wie der Blick in reale Portfolios zeigt. So ist beispielsweise

festzustellen, dass die Aktienquote häufig bis 50 Prozent, vereinzelt auch mehr, erhöht wurde. Dabei wurde gezielt in dividendenstarke Substanzwerte investiert. Die Quotenerhöhung erfolgt häufig verbunden mit einem plausiblen Risikokonzept, in unattraktiven Marktphasen mögliche Kursverluste deutlich zu minimieren, ohne dabei die Ertragsvereinnahmung zu gefährden.

 

Problematischer gestaltet sich die häufige Anpassung der Rentenpapiere aber schon allein aufgrund des Kursverlustrisikos, das solche Anlagen begleitet und oftmals nicht mit einer stiftungsgerechten Risikodefinition in Einklang zu bringen ist. Es ist alleine daran abzuleiten, dass Stiftungen in einem normalen Zinsumfeld High-Yield- oder Emerging-Markets-Anlagen strikt meiden würden. Risiko-Management ist daher das Gebot der Stunde, um Renditechancen zu wahren und Volatilitäten und Draw-Downs zu begrenzen. Und das ganz besonders, weil für solche Ausflüge in eine erhöhte Risikolandschaft nicht die Vermögensverwalter die Verantwortung übernehmen, sondern vollständig die Stiftung beziehungsweise deren Verantwortliche. Und welcher Vorstand möchte schon als „Kapitalvernichter“ in die Chronik der Stiftung eingehen sich gar konkreten Haftungsrisiken aussetzen, die bis ins Privatvermögen reichen können, da der Stiftungsvorstand nach BGB als Treuhänder fremden Vermögens fungiert.

 

Deshalb steht die Vermeidung von bewusst eingegangen Kapitalmarktrisiken in unmittelbaren Zusammenhang mit der Kapitalanlage – egal in welche Anlageklasse investiert wurde. Um diesen Spagat zwischen Risiko-Controlling und -Vermeidung auf der einen Seite und Rendite auf der anderen Seite zu bewältigen, kommt es darauf an, einen verständlichen Zugang zu solchen eher alternativen Anlagethemen zu schaffen. Dazu eignen sich Berater, die das Handwerk der Vermögensverwalter analysieren und für die Stiftung übersetzen können. Dadurch können sie besser begründete Entscheidungen treffen.

 

Zudem benötigen Stiftungsverantwortliche größtmögliche Transparenz über ihre Vermögensanlage, um ihrer gesetzlich geforderten Sorgfaltspflicht nachzukommen. Auch kann so gegenüber Dritten ein nachvollziehbarer Entscheidungsprozess dokumentiert werden. Ein Instrument, das dies gewährleisten kann, ist ein Transparenzbericht, wie Rödl & Partner ihn seit 2010 für Spezial- und Publikumsfonds anbietet und vor allem von Kommunen und gemeinnützigen Organisationen eingesetzt wird. Damit können Fonds-Anbieter und Stiftungen gleichermaßen nachweisen, dass die Anlagerichtlinien eingehalten wurden, ob die Qualität der eingesetzten Produkte stimmt, wie die eingesetzten Produkte funktionieren, wie Nachhaltigkeitskriterien umgesetzt und die Aktien- und Rentenquote beziehungsweise die eingesetzten Anlageklassen gesteuert werden.

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Alexander Etterer, Partner, leitet das Team „Wealth, Risk & Compliance“ bei der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner.

Die Geschäftseinheit berät und betreut seit über einem Jahrzehnt vermögende Privatpersonen, Unternehmerfamilien, Family Offices, Stiftungen, Kommunen, Verbände, Kirchen und kirchliche Einrichtungen rund um das Thema Finanz- und Kapitalanlagemanagement.

Alexander Etterer ist Begründer des Qualitätssicherungsverfahrens „Transparenzbericht“ (www.transparenzbericht.com).