Erbschaftsteuer: Unklare Aussichten erschweren die Planung

VON THORSTEN KLINKNER

Bis zum 30. Juni 2016 muss der Gesetzgeber ein verfassungskonformes Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz auf den Weg gebracht haben. Doch der Weg dahin ist steinig, immer neue Ideen und Befürchtungen werden diskutiert. Eine langfristige Option zur unternehmerischen Strukturplanung ist die Familienstiftung. Diese stellt gerade nicht auf kurzfristige Gesetzesvorlagen ab.


Im Dezember 2014 gab das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber den Auftrag, eine Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu schaffen. Die bislang geltende Regelung, die Steuervergünstigungen bei der Übergabe von Betriebsvermögen unter gewissen Voraussetzungen ermöglichte, war für verfassungswidrig erklärt worden. Bis zum 30. Juni 2016 muss nach dem Urteil der Karlsruher Richter ein verfassungskonformes Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz auf den Weg gebracht werden, das dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung entspricht und die Verhältnismäßigkeit bei der steuerlichen Begünstigung bei der Übertragung von Betriebsvermögen herstellt.

Seither beherrscht diese Neugestaltung die fiskalische und ökonomische Debatte in Deutschland. Regelmäßig werden spätestens seit dem Sommer immer neue Aspekte und Vorstellungen diskutiert, sei es aus Regierungs- oder auch Wirtschaftskreisen. Während die Unternehmen jede Verschärfung (und damit Verteuerung) bei der Übergabe ablehnen und dies mit den möglichen negativen Konsequenzen für die deutsche Unternehmenslandschaft begründen, sind die Regierungsparteien uneinig. Teile der CDU und vor allem der CSU wollen der Wirtschaft so weit irgend möglich entgegen kommen, die SPD (von der Opposition ganz zu schweigen) tendiert zu höheren Steuern. Von der Beibehaltung der bisherigen Vergünstigungen unter Anpassung der von den Verfassungsrichtern kritisierten Stellen über eine Flat Tax, von der Senkung von Freigrenzen zur Steuerverschonung bis zum Niedrigtarifmodell: Ziel des Gesetzgebers ist eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der Erbschaftsteuergesetzgebung unter Einhaltung der verfassungsrechtlichen Konformität - und substanzieller finanzieller Beteiligung. Das zeigen aktuelle Berechnungen aus dem Bundesfinanzministerium, die Mehreinnahmen aufgrund der Neuregelung in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro vorsehen.

Es gilt aber alles in allem: Eine Entscheidung ist noch nicht in Sicht, aus der Ankündigung, im Dezember ein verfassungsgemäßes Gesetz auf den Weg zu bringen, ist nichts geworden. Weiterhin können Unternehmer nur spekulieren, wie sich das neue Gesetz, das ja spätestens am 1. Juli in Kraft treten muss, auf ihre Nachfolge- und Übergabeplanung auswirken wird.

Was heißt das jetzt konkret für Unternehmer und Eigentümer? Es besteht eine große Schwierigkeit darin, die langfristige Strukturplanung im Unternehmen auf kurzfristige Gesetzesvorlagen abzustellen. Unsichere Zeitfenster verkomplizieren solche Vorgänge erheblich und verunsichern natürlich auch Alt-Eigentümer und potenzielle Nachfolger. Sie können die Übergabe finanziell nicht sicher kalkulieren und setzen sich erheblichen Risiken aus, was die Substanz der Ertragsquelle (und des Privatvermögens – man denke nur an die Pläne, dieses zur Begleichung der Erbschaftsteuer heranzuziehen) angeht.

Als Option zur Sicherung der Nachfolge bietet sich für wirklich strategisch und langfristig denkende und planende Eigentümer die (unternehmensverbundene) Familienstiftung an. Aufgrund ihrer besonderen rechtlichen Konstitution fungiert die Familienstiftung – die in der deutschen Unternehmenslandschaft zahlreiche Vorbilder besitzt, etwa bei den Familien Würth und Albrecht, Stihl oder Fiege – als Fundament zur Erarbeitung einer transgenerationalen Eigentümerstruktur. Zwar steht der Begriff der Eigentümerstruktur in einem gewissen Widerspruch zur grundsätzlichen Verfasstheit der Stiftung als eigentümerloses Rechtsinstitut. Sobald die Eigentümerstruktur aber nicht allein hinsichtlich von Besitzrechten aufgefasst wird, erschließt sich der Begriffszusammenhang: Es geht bei der Implementierung einer solchen Eigentümerstruktur um den psychologischen und emotionalen Aspekt hinter der Unternehmens- und Familienführung und darum, ein solches Familienunternehmen transgenerational fortführen zu können und Kontrollrechte auf der Grundlage einer bestimmten Kultur zu sichern. Selbst wenn ein Fremdmanagement tätig wird, weil sich aus der Familie kein Nachfolger fürs Operative rekrutiert. Das Unternehmen als familiäre Ertragsquelle kann durch die Übertragung auf eine Familienstiftung rechtlich nie ins Wanken geraten.

Die Familienstiftung tritt damit an die Stelle der gesellschaftsrechtlichen Nachfolgeregelung im Sinne der Übertragung der Eigentümerfunktion an die nächste Generation. Während diese aufgrund der unklaren Rechtsaussichten zu einem Risiko für die Neu-Eigentümer sein kann, entbindet die Familienstiftung die Familie dieses Risikos, indem sie an die Stelle der Gesellschafter tritt. Eine (regelmäßig besteuerte) klassische Übertragung der Gesellschaftsanteile und übrigen Assets im Betriebsvermögen an die jeweils nachfolgende Generation wird damit ausgeschlossen, die Planung wird erheblich vereinfacht und langfristig abgesichert, da die Sicherung der Eigentümerstruktur (und um nichts anderes geht es ja auch bei der herkömmlichen gesellschafts- und steuerrechtlichen Übertragung von Betriebsvermögen) nicht von politischen Entscheidungen abhängt.

Natürlich wird die Besteuerung der Vermögensübertragung nicht umgangen – die Familienstiftung ist kein Steuersparmodell. Bei der Einsetzung der Familienstiftung wird Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer fällig, alle 30 Jahre muss Erbersatzsteuer (abzüglich aller gesetzlichen Freibeträge) gezahlt werden. Der entscheidende Vorteil dieser Gestaltung: Im plötzlichen Erbfall saust das „Damoklesschwert Erbschaftsteuer“ nicht auf die auf einmal in Eigentumsverantwortung gekommene Generation nieder.