VON THORSTEN KLINKNER
Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hat 700 deutsche Stifterinnen und Stifter befragt und legte eine umfassende Studie zu ihren Motiven, ihrem Engagement und ihren Ansichten vor. Im Ergebnis zeigen sich erheblich veränderte Tendenzen als bei der letzten Erhebung relevanter Daten vor 10 Jahren.
VON THORSTEN KLINKNER
Zusammenfassend zeichnen sich für die Stiftungslandschaft neue Tendenzen ab, die durch die Daten der Stiftungsstudie untermauert sind:
Die Stifterinnen und Stifter gemeinnütziger Stiftungen in Deutschland sind tatkräftige Idealisten, die zu 80 Prozent aus einem tiefen persönlichem Verantwortungsbewusstsein heraus stiften oder
der Gesellschaft etwas zurückgeben möchten (69 Prozent). Sie verfügen über ein überdurchschnittlich hohes Bildungsniveau: Rund 70 Prozent der in der Stifterstudie Befragten haben mindestens einen
Hochschulabschluss.
Um die gesetzten Stiftungsziele zu erreichen, packen die Stifterinnen und Stifter persönlich mit an. Sie stiften nicht nur ihr Geld, sondern bringen auch ihre freie Zeit und Erfahrungen ein: Ca.
93 Prozent der Befragten sind entweder Mitglied in einem Gremium oder in der Geschäftsführung ihrer Stiftung. Das sichert ein weiteres Ziel der Stifterinnen und Stifter in Deutschland: Sie
erklären einhellig, dass ihre Stiftung unabhängig von gesellschaftlichen Trends arbeitet und staatliches Handeln zwar ergänzt, es jedoch nicht ersetzt oder ersetzen soll.
Als Stifter einer gemeinnützigen Stiftung braucht man Zeit und hat sie aufgrund der Lebenssituation auch. So wundert es nicht, dass die meisten Stifterinnen und Stifter ihre Stiftung kurz vor
oder im Ruhestand gerrichten. Jeder zweite befragte Stifter war bei Stiftungsgründung bereits Rentner. Mit diesen neuen Erkenntnissen hat sich das Durchschnittsalter der Stifterinnen und Stifter
in Deutschland deutlich erhöht. Unverändert ist, dass die meisten Stiftungen von Männern errichtet werden, auch, wenn immer öfter Frauen an der Gründung beteiligt sind. Bei knapp der Hälfte der
Stiftungserrichtungen stiftete ein Mann allein oder mit einem anderen Mann, bei weiteren gut 30 Prozent stifteten Männer gemeinsam mit einer Frau. Jede vierte Stiftung wurde ausschließlich von
Frauen errichtet, von denen jede zweite Stiftende kinderlos ist und sich mit der Errichtung einer Stiftung eine geeignete Nachfolge schafft.
Vierzig Prozent der befragten Stifterinnen und Stifter in Deutschland gehören zu den „High Net-Worth Individuals“, das heißt, sie haben mehr als eine Million Euro frei verfügbares
Kapitalvermögen. Bei ca. 80 Prozent der Stiftenden wurde ein Teil des gestifteten Vermögens selbst erwirtschaftet und 54 Prozent haben Geld aus selbstständiger unternehmerischer Tätigkeit
eingebracht. Auffällig ist, dass Deutschlands Erben bisher seltener stiften.
Jede zweite Stiftung in Deutschland wird erben und ihr Kapital erweitern
Fast 53 Prozent aller Stifterinnen und Stifter wollen ihrer Stiftung Geld vererben, 34 Prozent werden schon zu Lebzeiten das Kapital aufstocken. Fast 80 Prozent der Stifter planen, das bestehende
Stiftungskapital mindestens zu verdoppeln. Rund 17 Prozent wollen das Kapital mehr als verzehnfachen. Betrachtet man diese Fakten und Ziele deutscher Stifter, kann davon ausgegangen werden, dass
die Stiftungsvermögen in Deutschland vor einem immensen Wachstumsschub stehen.
Öffentlichkeitsarbeit und Anerkennungskultur für Stiftungen muss verbessert werden
Nach Auswertung der Datenlage kommt die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Anerkennungskultur für Stiftungen verbessert werden muss. Gleichzeitig sind die Stiftenden aufgerufen mit ihren
Stiftungen stärker in die Öffentlichkeit zu treten und anderen die Vorteile einer Stiftungsgründung zu vermitteln. Vom demografischen Wandel und einer geschätzten Erbschaftswelle von 2,6
Billionen Euro im kommenden Jahrzehnt kann der Stiftungssektor profitieren, wenn mehr Erbinnen und Erben für das Stiften gewonnen werden.
Neu ist ebenfalls, dass neben der klassischen Stiftung flexiblere Formen, wie die Treuhandstiftung, an Bedeutung gewinnen und der Stiftungssektor, damit in Deutschland insgesamt heterogener wird.