Erbschaftsteuer ist nicht der entscheidende Punkt

VON THORSTEN KLINKNER

Der Gesetzgeber hat zwar unternehmerfreundliche Regelungen bei der Neugestaltung der Erbschaftsteuer ab Mitte 2016 angekündigt. Doch auch wenn diese nicht umgesetzt werden sollten, haben Unternehmer Optionen für sinnvolle Gestaltungsmöglichkeiten. Eine davon ist die Stiftung.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat für Aufregung gesorgt.


Die generelle steuerliche Bevorzugung von Betriebsvermögen bei Schenkung oder Erbschaft soll in der aktuell gültigen Form gegen die Verfassung verstoßen. Unter anderem argumentierten die Richter, die Erbschaftsteuer bevorzuge Großunternehmen mit Unternehmenswerten „von mehreren Hundertmillionen oder auch mehreren Milliarden Euro“ ohne Bedürfnisprüfung und führe zu einer Ungleichbehandlung mit dem sonstigen – nicht unternehmerischen – Vermögen.

Noch bis spätestens 30. Juni 2016 sind die bislang gültigen Regelungen anwendbar. Bis zu diesem Zeitpunkt muss der Gesetzgeber ein neues Erbschaftsteuergesetz auf den Weg gebracht haben, das den Kritikpunkten der Verfassungsrichter Rechnung trägt. In den letzten Wochen haben sich immer wieder Politiker zu Wort gemeldet und herausgestellt, dass die Erbschaftsteuer auch in der kommenden Form unternehmerfreundlich sein soll. Unter anderem die CSU hat gefordert, dass eine Unternehmensnachfolge nicht an der Erbschaftsteuer scheitern dürfe. Und auch das Bundesverfassungsgericht hat die steuerliche Begünstigung unternehmerischen Vermögens ausdrücklich als legitimes Ziel anerkannt.

Das heißt also folgendes: Der Zeitkorridor umfasst noch rund 16 Monate, und auch die Aussichten auf eine darauf folgende schonende Regelung scheinen gut zu sein. Aber ein Versprechen ist daran natürlich nicht geknüpft – niemand weiß, was im Gesetzgebungsverfahren herauskommen wird, und somit kann sich niemand darauf verlassen, dass sich tatsächlich etwas Positives für Unternehmer und deren Betriebsvermögen entwickeln wird.

Doch sollten Unternehmer deshalb in Aktionismus verfallen und nun den zweiten Schritt vor dem ersten machen, um sich nicht dem Risiko einer weniger günstigen Regelung auszusetzen? Wäre es eine Möglichkeit, die Erbfolge vorzuziehen und das Vermögen an die nächste Generation zu übertragen, auch wenn diese vielleicht noch gar nicht so weit ist? Würde es Sinn ergeben, seine Gesellschaftsanteile weiterzugeben, obwohl man eigentlich keineswegs gewillt ist, die Eigentümerschaft aus der Hand zu geben? Und das nur, um noch kurzfristig in den Genuss eines Steuervorteils zu kommen?

Das ist nicht unbedingt die beste Lösung, denn sie nimmt Entscheidungen vorweg, die so nicht geplant waren – und das kann natürlich in der Zukunft zu Schwierigkeiten führen, etwa bei der Frage nach Führungskompetenzen und der Gestaltung der Ausschüttungspolitik.  Eben bei allen Fragestellungen, bei denen der bisherige, nur aus steuerlichen Gründen, aber dennoch zumindest emotional weiterhin aktive, in die zweite Reihe getretene Eigentümer sich mit der neuen Führung uneins sein könnte.

Für wirklich langfristig und strategisch denkende Unternehmer lassen außerhalb der rein fiskalisch orientierten Entscheidungsperspektive sich Optionen entwickeln, um die Vermögensnachfolge individuell zu steuern. Die Steuer ist auch an dieser Stelle nicht mehr und nicht weniger als der wirtschaftliche „i-Punkt“ einer sorgfältig durchdachten Gestaltung. Eine solche Option ist die Stiftung.

Diese unterstützt Eigentümer dabei, eine echte Nachfolge- und Vermögensstrategie zu entwickeln. Das Vermögen wird in der Stiftung verselbständigt und tritt damit in die Rolle der Eigentümerin. Und diese Eigentümerstruktur ist für alle Zeiten fest gesetzt: Das Vermögen innerhalb der Stiftung ist unantastbar, Anteile „an der Stiftung“ können nicht veräußert werden, da solche Anteile nicht existieren. Das verhindert eine Zersplitterung des Unternehmens und sorgt dafür, dass dieses in der Substanz erhalten bleibt. Die Substanz des Unternehmens wird von den – gegebenenfalls sehr unterschiedlichen – privaten Lebensinteressen der potentiellen Erben getrennt. Weder Begehrlichkeiten durch Investoren noch Streitigkeiten in der Erbengeneration können dem eingebrachten Unternehmen etwas anhaben. Werte, Philosophie, persönliche Vorstellungen des Stifter-Unternehmers bleiben durch die individuelle Stiftungs-Satzung erhalten; darin kann alles niedergelegt werden, was dem bisherigen Eigentümer wirklich wichtig ist. Er kann so auch seine Nachfolge regeln, selbst wenn diese operativ aus einem Fremdmanagement besteht: Die Stiftung führt in seinem Sinne das Unternehmen über die Generationen hinweg fort.

Eine steuerliche Neuregelung ist also kein substanzielles Hindernis für Unternehmer auf dem Weg zu einer langfristigen Strategie, die familiäre Ideale, Nachfolge- und Vermögensfragen miteinfasst und für eine feste Struktur sorgt. Wo ein Wille ist, ist ein Weg! Die Stiftung als Option eröffnet dem Unternehmen viele Möglichkeiten für seine transgenerationale Ausrichtung und verschafft ihm Ruhe und Gelassenheit für die Gestaltung des Wesentlichen.