VON THORSTEN KLINKNER
Der Stiftungszweck ist das Herz der Stiftung. Der Stifter legt allein fest, wofür die Stiftung stehen soll und wie die Stiftung ihren Zweck verwirklicht.
Spricht man in Deutschland mit Unternehmern und ihren Familien über Stiftungen, gibt es viel Unsicherheit. Zum einen sind die Möglichkeiten, Stiftung und Unternehmen zu verzahnen, generell bei den allermeisten Unternehmenslenkern noch nicht als strategisches Instrument zur langfristigen Steuerung einer Ertragsquelle angekommen. Und zum anderen bestehen bei denen, die sich schon einmal (oberflächlich) über das Stiftungsthema informiert haben, vielfach Bedenken gegenüber einer möglichen, tiefgehenden behördlichen Aufsicht und Kontrolle, die sich unmittelbar auf die Führung des Unternehmens auswirken können.
Konkret heißt das: Viele mögliche Stifter sehen die Gefahr einer Stiftungslösung darin, die Aufsicht über ihre Ertragsquelle, zumindest in Teilen, an die Stiftungsbehörden abzutreten und damit eine Behörde einzubeziehen, die über administratives und operatives Vorgehen des Unternehmens mit entscheidet und diverse Zustimmungsvorbehalte hat. Das ist natürlich nichts, was ein Unternehmer will, wenn er über eine zukunftsorientierte Stiftungs-Strategie nachdenkt, und für viele Interessierte kann dieser Gedanke schon ein Ausschlusskriterium sein, ein solches Instrument weiter in Betracht zu ziehen.
Um über das Wesentliche Klarheit zu gewinnen, ist es wichtig zu hinterfragen, wozu es die Stiftungsbehörden überhaupt gibt. Hier sind zwei Aspekte wichtig. Die Stiftung ist ein verselbständigtes Vermögen. Anders als zum Beispiel eine GmbH hat sie keine Gesellschafter, die die Tätigkeit der Geschäftsführung kontrollieren. Die Stiftungsbehörde übernimmt diese Funktion. Sie ist der Garant des Stifterwillens. Sie wacht darüber, dass das, was der Stifter in der Satzung festgeschrieben hat auch in seinem Willen umgesetzt wird.
Wichtig sind die Unterschiede zwischen gemeinnütziger Stiftung und privatnütziger Stiftung. Eine gemeinnützige Stiftung ist unmittelbar steuerbegünstigt. Die Stiftung hat das Recht, Spendenbescheinigungen auszustellen. Sie arbeitet mit Geldern, die ihr in Vertrauen auf die Stiftungstätigkeit gespendet oder gestiftet wurden. Bei einer Familienstiftung stellt sich diese Frage nicht. Hier besteht die Stiftung alleine im Interesse einer oder mehrerer Familien. Aus diesem Grund ist daher hier auch lediglich eine reduzierte Aufsicht erforderlich. Die Familie weiß schon am Besten, wie sie mit dem Familienvermögen wirtschaftet.
Aus diesem Grund stellt der Gesetzgeber bei privatnützigen unternehmensverbundenen Stiftungen diese Ansprüche überhaupt nicht. Bei den Familienstiftungen wird nur die Rechtmäßigkeit geprüft. Die Übereinstimmung mit den Gesetzen und der Stiftungssatzung.. Das formuliert zum Beispiel das Landesstiftungsgesetz Nordrhein-Westfalen: „Stiftungen, die ausschließlich oder überwiegend private Zwecke verfolgen, unterliegen nur insoweit der Stiftungsaufsicht, als sicherzustellen ist, dass ihre Betätigung nicht gesetzlich geschützten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.“ (§ 6 Abs. 3). Das Stiftungsrecht gibt den Behörden keine Möglichkeiten, in den wirtschaftlichen Betrieb oder sonstige Organisationsbereiche einzugreifen. Zudem: Die Stiftung ist ein Bestandteil der Eigentümer- und Unternehmensstruktur. Die Stiftung hält die Anteile an der GmbH. Die GmbH übt die Unternehmenstätigkeit aus. Hier gelten die Regelungen der GmbH.
Das bedeutet: Der Gesetzgeber mischt sich auf keinerlei Art und Weise in die unternehmerischen Entscheidungen ein. Damit erhalten Unternehmer und Investoren völlige Freiheiten, wenn sie in Zusammenarbeit mit ihrem Berater eine individuelle Stiftungsstrategie entwickeln, um ihre Ertragsquellen langfristig zu sichern, die Vermögensnachfolge zu regeln und zu optimieren, strategische Regelungen für die Unternehmensführung zu entwerfen, das Unternehmen zu finanzieren und die Familie umfassend zu versorgen und familiäre Zwecke zu fördern. Das alles sind Vorteile, die eine Stiftungs-Strategie hervorbringt, und sie können vom Gesetzgeber nicht verhindert werden.
Um die Potenziale voll und vor allem individuell auszuspielen, bedarf es einer passend ausgearbeiteten Satzung. Sie ist entscheidend für die Ausprägung einer unternehmensverbundenen Stiftung und wird vom Stifter selbst aufgesetzt. Der freie Stifterwille ist das, was bei der Stiftung wirklich zählt: Der Stifter-Unternehmer beziehungsweise -Investor kann in der Satzung alles festlegen, wofür die Stiftung stehen soll – und zwar in allen Belangen. Die Satzung kann sich auf das Ausschüttungsverhalten genauso beziehen wie auf den Zweck der Förderung, sie kann Verpflichtungen definieren, die mit diesen Ausschüttungen einher gehen und den Destinatären Verhaltensregeln mit auf den Weg geben, und sie kann ebenfalls regeln, wie das im Eigentum der Stiftung befindliche Unternehmen geführt werden soll.
In der Satzung wird also umfassend geregelt, wie Unternehmen und Familie von der Stiftung profitieren, aber auch, welche Aufgaben und Anforderungen der Unternehmensleitung und den Begünstigten abverlangt werden. Die Stiftungssatzung fasst also nicht nur die Vorteile für die Beteiligten zusammen, sondern formuliert Vorgaben für das eigene Verhalten, sei es das der Unternehmensführung in der Nachfolge des Stifter-Unternehmers oder -Investors, sei es das der Familienmitglieder, die aus den laufenden Erträgen der Stiftung versorgt werden.
Die Satzung ist die „Schatzkammer“ eines Stifter-Unternehmers beziehungsweise -Investors und umfasst alle Gedanken, die er strategisch und ethisch mit seiner Familie und seiner Ertragsquelle
gleichermaßen verknüpft. Mit der Stiftung und einer individuell ausgearbeiteten, auf Werten und Leitlinien basierenden Satzung schafft sich ein langfristig denkender Unternehmer/Investor eine
echte Option für die Führung seiner Ertragsquelle und die Absicherung seiner Familie, die er nach seinen Vorstellungen gestalten kann.