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Gewerbesteuer: Erweiterte Kürzung bei Immobilienunternehmen

VON THORSTEN KLINKNER

 

Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) kann bei Unternehmen, „die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern“ der Teil des Gewerbeertrages gekürzt werden, „der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt“. Im Ergebnis fällt bei den bezeichneten Unternehmen aufgrund dieser erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages keine Gewerbesteuer an, wenn Unternehmen nur Einkünfte aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes erzielen.


Kreis der begünstigten Unternehmen

Der Tatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG knüpft die Begünstigung für eine erweiterte Kürzung an das Erfüllen bestimmter Tätigkeitsmerkmale an, nämlich an die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes, oder des eigenen Kapitalvermögens sowie an die Betreuung von Wohnungsbauten, oder an die Errichtung und Veräußerung von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen. Eine bestimmte Rechtsform für ein begünstigtes Unternehmen oder dessen Sitz bzw. die Geschäftsleitung im Inland werden für die Gewährung der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags nicht vorausgesetzt, sofern es sich tatsächlich um ein Grundstückunternehmen handelt. Ein begünstigtes Grundstückunternehmen liegt nur vor, wenn es tatsächlich Grundstücke verwaltet oder nutzt, nicht hingegen wenn Grundstücke erworben werden, um diese zu veräußern.

 

Damit können Unternehmen jeglicher Rechtsform, inklusive Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Wohnungs- und Baugenossenschaften, Einzelunternehmern und Stiftungen, die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags beanspruchen. Eine unbeschränkte Steuerpflicht im Inland ist ebenfalls keine Voraussetzung der betreffenden erweiterten Kürzung: Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass auch ausländische Gesellschaften mit inländischem Grundbesitz unter den Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages beanspruchen können. Das Gleiche muss für zweckgebundenes rechtsfähiges Vermögen gelten, wie inländische oder ausländische Familienstiftungen, sofern diese eine Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes betreiben.

 

Nicht begünstigt ist hingegen die Verpachtung eines Gewerbebetriebes und die Betriebsaufspaltung, da in beiden Fällen nach dem BFH nicht lediglich Grundbesitz verpachtet wird, sondern die Verpachtung darüber hinaus auf weiteres schädliches Vermögen erstreckt wird. Diese BFH-Rechtsprechung ist ergebnisorientiert: Wäre die erweiterte Kürzung in diesen beiden bezeichneten Fällen gewährt, würde im Ergebnis sowohl bei der Verpachtung eines Gewerbebetriebes, als auch bei der Betriebsaufspaltung keine Gewerbesteuer anfallen. Dies ist jedoch in diesen beiden Fällen nicht gewollt.

 

Der eigene Grundbesitz des begünstigten Unternehmens

 

Die erweiterte Kürzung setzt die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes voraus. Unter einem Grundbesitz verstehen die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung den Immobilienbesitz, sofern dieser nicht im bewertungsrechtlichen Sinn als Betriebsvorrichtung zu qualifizieren ist. Der eigene Grundbesitz liegt nach der Grundsatzentscheidung des Großen Senats des BFH vor, wenn der betreffende Grundbesitz dem Unternehmen zivilrechtlich oder steuerrechtlich als wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) zugerechnet wird und bei diesem deshalb Betriebsvermögen darstellt.

 

Das Erfordernis des eigenen Grundbesitzes für die erweiterte Kürzung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Verwaltung und Nutzung von Gebäuden auf einem fremden Grund und Boden, z. B. auf einem Erbbaurecht, von der Begünstigung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausgeschlossen sei. Ist die Grundstücksnutzung bewertungsrechtlich einem Grundbesitz gleichgestellt, wird die erweiterte Kürzung auch in den Fällen der Verwaltung und Nutzung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden gewährt.

 

Sonderfall ausländischer Grundbesitz

 

Ein ausländischer Grundbesitz als solcher führt nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Allerdings ist es streitig, inwiefern die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. Außensteuergesetz (AStG) zu einer abweichenden Berechnung des erweiterten Kürzungsbetrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG führen kann.

 

Ausschließliche Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes

Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist für die Gewährung der erweiterten Kürzung für Gewerbeerträge zwingend erforderlich, dass das Unternehmen neben den erlaubten anderweitigen Tätigkeiten ausschließlich den eigenen Grundbesitz verwaltet oder nutzt. Der BFH versteht die Ausschließlichkeit als den Tatbestandmerkmal in einem umfassenden Sinn.

 

Danach ist im Sinne einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob der Grundbesitz, die aus dessen Verwaltung oder Nutzung erzielten Erträge, und der Umfang der betreffenden Verwaltung oder Nutzung im Sinne § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG qualitativ, quantitativ und zeitlich ausschließlich sind. Wobei auch hier verfassungsrechtliche Grenzen, insbesondere das Übermaßverbot und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, zu beachten sind. Diese verfassungsrechtlich gebotenen Einschränkungen können dazu führen, dass die Veräußerung des Grundvermögens eine Sekunde vor Ablauf des Wirtschaftsjahres trotz der erforderlichen Ausschließlichkeit der Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht entgegensteht.

 

Doppel- oder mehrstöckige Personengesellschaften

 

Bei doppel- oder mehrstöckigen Personengesellschaften kann nur diejenige Gesellschaft die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung beanspruchen, die selbst die Tatbestandvoraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfüllt. Die Beteiligung einer Personengesellschaft an einer weiteren vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt nicht zu einer Versagung der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung. Anders ist es hingegen, wenn die Beteiligung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft gehalten wird. Da hier die Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 AO nicht greift, liegt keine unmittelbare Beteiligung der Obergesellschaft am Vermögen der Untergesellschaft vor. Nach dem BFH führt dies dazu, dass die Obergesellschaft nicht ausschließlich den eigenen Grundbesitz verwaltet, was die Versagung der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung bei der Obergesellschaft zur Folge hat.

 

Unschädliche Nebentätigkeiten

 

Neben der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes darf das begünstigte Unternehmen das eigene Kapitalvermögen verwalten und nutzen sowie Wohnungsbauten betreuen, oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern. Die Verwaltung und Nutzung des eigenen Kapitalvermögens muss allerdings noch Vermögensverwaltung bleiben und darf die Schwelle zur Gewerblichkeit nicht überschreiten. Dem Umfang nach müssen die vom Gesetz erlaubten Nebentätigkeiten im Vergleich zur Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundvermögens tatsächlich Nebentätigkeiten bleiben.

 

Rechtfolge: Kürzung des Gewerbeertrages

Liegen die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung vor, wird bei der Ermittlung der Gewerbesteuer der Gewerbeertrag gekürzt, der aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes stammt. Der zu kürzende Gewerbeertrag ist als eine Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes zu berechnen, d. h. zu kürzen ist der Nettobetrag.