Nachdem im ersten Teil der Stifterbrief-Reihe zum Thema Wegzugsbesteuerung die Besonderheiten für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften dargestellt wurden, befasst sich der folgende Teil mit den Gesellschaftern von Personengesellschaften.
Wegzug durch Verlagerung der Betriebsstätte oder einzelner Wirtschaftsgüter ins Ausland
Für den Wegzug bei Beteiligungen an Personengesellschaft findet nicht das Außensteuergesetz (AStG) sondern die allgemeinen Regelungen des Einkommensteuergesetz (EStG) Anwendung. Anders als bei Kapitalgesellschaften bezieht sich die steuerliche Entstrickungsbesteuerung nicht auf die Anteile an der Gesellschaft, sondern auf die einzelnen Wirtschaftsgüter, die in der Personengesellschaft existieren.
§ 4 Absatz 1 Satz 3 EStG bestimmt, dass der Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Steuerrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines (einzelnen) Wirtschaftsguts einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke gleichsteht. § 16 Absatz 3a EStG definiert den Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts für sämtliche Wirtschaftsgüter einer Personengesellschaft gleich. Solange ein Wirtschaftsgut einer inländischen Betriebsstätte zugeordnet werden kann, besteht das deutsche Besteuerungsrecht. Im Standardfall endet das deutsche Besteuerungsrecht bspw. mit Überführung des Wirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte oder die Betriebsstätte im Inland aufgegeben oder ins Ausland verlagert wird.
Unterliegen Personengesellschaften im Wegzugsfall den gleichen Regeln wie Kapitalgesellschaften?
Steuerliche Probleme im Hinblick auf den Wegzug eines Unternehmens werden gemeinhin zuvörderst mit Bezug auf Kapitalgesellschaften verordnet. Doch auch bei Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern kann sich die Problematik der Besteuerung einer Verlagerung betrieblicher Aktivitäten ins Ausland auftun.
Eine Personengesellschaft kann – ungleich einer Kapitalgesellschaft – nicht im herkömmlichen Sinn des Wortes ins Ausland verziehen, weil es für die Besteuerung regelmäßig darauf ankommt, in welchem Staat betriebliche Tätigkeiten in Betriebsstätten ausgeübt werden. Insbesondere im deutschen (familiengeführten) Mittelstand sind Unternehmensgruppen häufig so aufgestellt, dass die oberste Führungsholding oder operative Einheit die Rechtsform einer Personengesellschaft (typischerweise GmbH & Co. KG) hat. Für deutsche Personengesellschaften führt die Aufgabe des inländischen Wohnsitzes und/oder gewöhnlichen Aufenthalts eines steuerpflichtigen Gesellschafters nicht zwangsläufig dazu, dass eine Besteuerung im Inland entfällt und damit das Thema Wegzugsbesteuerung entsteht.
In diesen Konstellationen wurde in der Vergangenheit ein Wegzug von einem an der Führungsholding-Personengesellschaft beteiligten Mitunternehmer als steuerlich unproblematisch eingeschätzt, da man nicht davon ausging, dass es dadurch überhaupt zu einer steuerpflichtigen Entstrickung kommen könnte. Dies basierte auf dem Verständnis, dass Personengesellschaften, die über eine inländische Betriebsstätte verfügen, ihren ausländischen Gesellschaftern immer diese deutsche Betriebsstätte anteilig vermitteln und Deutschland das Besteuerungsrecht für diese Betriebsstätte typischerweise zusteht. Trotz des Wegzugs des Mitunternehmers ins Ausland hätte Deutschland dann im Ergebnis das Besteuerungsrecht an den dem Mitunternehmer durch die Personengesellschaft vermittelten deutschen Betriebsstätteneinkünften behalten. Auch hinsichtlich sog. gewerblich geprägter oder infizierter Personengesellschaften ging die deutsche Finanzverwaltung lange davon aus, dass dies ausreichend sei, um für die an der Personengesellschaft beteiligten Mitunternehmer eine deutsche Betriebsstätte zu begründen. In diesen Fällen führten die Einkünfte aus diesen Betriebsstätten zu einer beschränkten Einkommensteuerpflicht des verzogenen Gesellschafters.
Der Bundesfinanzhof hat dies mit einer neuen Rechtsprechung geändert. Danach soll der steuerliche unproblematisch Wegzug eines Personengesellschafters nur noch bei tatsächlich gewerblich tätigen Personengesellschaften gegeben sein.
Personengesellschaft zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung für Kapitalgesellschaften?
Wie bereits im Teil 1 der Reihe dargestellt unterliegt der Wegzug eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft steuerlich § 6 AStG. Personengesellschaften bieten hier ggfs. Gestaltungsmöglichkeiten. So könnte bei richtiger Gestaltung die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft steuerfrei überführt werden. Der anschließende Wegzug des nunmehr Personengesellschaftsgesellschafters wäre dann aufgrund der vorgeführten deutschen Besteuerung der inländischen Betriebsstätte unschädlich. Dies setzt – wie bereits angedeutet – allerdings voraus, dass die Gesellschaft tatsächlich gewerblich tätig ist und die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft der inländischen Betriebsstätte funktional zugerechnet werden kann. Eine gefestigte Rechtsprechung existiert hierzu allerdings noch nicht, so dass dieser Ansatz mit Vorsicht zu genießen ist und derzeit nicht praktikabel erscheint.
Wie lässt sich eine Entstrickungsbesteuerung vermeiden?
Die gängigsten Gestaltungsansätze zur Vermeidung einer Wegzugs - oder Entstrickungsbesteuerung vereint der Ansatz, das Besteuerungsrecht des deutschen Staates für das betreffende Substrat fortzuführen. Dabei kann bspw. die gezielte Vermögensstrukturierung zur Vermeidung oder Verringerung der Steuerlast eingesetzt werden. Auch Aspekte der Nachfolgegestaltung und Stiftungslösungen sind oftmals geeignet, um eine ungewollte Steuerbelastung zu kontrollieren.
Wir beraten die Gestaltungsmöglichkeiten und Auswirkungen des Wegzugs strategisch, rechtlich und steuerlich aus einer Hand. In Teil 3 der Reihe stellen wir die Auswirkungen des Wegzugs auf die sonstigen Vermögensklassen und Steuerarten dar. Inwieweit Gestaltungen mit Familienstiftungen Flexibilität und Freiheit schaffen, stellen wir im Teil 4 der Stifterbrief-Reihe vor.