Stiftung und Testament (Teil 1 von 4)

VON MARTIN BUSS

 

Bei den Worten Stiftung und Testament handelt es sich um zwei schwergewichtige Antworten, wenn wir uns die folgende Frage stellen: Was geschieht nach meinem Leben mit dem von mir aufgebauten Vermögen? Aus diesen beiden Gestaltungsmöglichkeiten – Stiftung und Testament – lassen sich vier mögliche Grundkonstellationen aufzeigen. Diese vier Konstellationen stelle ich Ihnen in dieser Woche und in den nächsten drei Teilen dieses Blogs näher vor.

 

Den Startpunkt der Artikelserie bildet diese Woche das Testament ohne Stiftung.


 

  1. Die Konstellation, zu eigenen Lebzeiten ein handschriftliches oder notarielles Testament aufzusetzen, ist der Klassiker in der Praxis, wenn es um die Weitergabe von Vermögenswerten geht. Ein Testament errichten kann grundsätzlich, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat und nicht wegen einer geistigen Störung testierunfähig ist. Enthält das Testament Widersprüche oder ist auslegungsbedürftig, ist allein der Wille des Testierenden maßgeblich, nicht das Verständnis eines objektiven Dritten.
  2. Das Vermögen geht an die von dem Testierenden eingesetzten Erben über. Hat er in seinem Testament sogenannte Vermächtnisse vorgesehen, erwirbt der Vermächtnisnehmer nicht – im Gegensatz zum Erben – das Eigentum an dem vermachten Vermögensgegenstand. Er hat lediglich einen Anspruch gegen den oder die als im Testament eingesetzten Erben auf Verschaffung des vermachten Gegenstands. 
  3. Befinden sich eine oder mehrere Immobilien in der Erbmasse des Erblassers, sollte aus praktischen Erwägungen dem handschriftlichen Testament ein notarielles Testament vorgezogen werden. Der oder die Erben werden automatisch Eigentümer der Immobilie(n), jedoch ist vorerst weiterhin der Erblasser im Grundbuch eingetragen. Das Grundbuch wird demnach im Todeszeitpunkt des Erblassers unrichtig und muss korrigiert werden. Zur Korrektur des Grundbuchs reicht dem Grundbuchamt jedoch die Vorlage des handschriftlichen Testaments nicht aus. Es verlangt die Vorlage eines Erbscheins. Ein Erbschein wird durch das Nachlassgericht ausgestellt. Erst dieser weist den Erben als solchen aus, sodass das Grundbuchamt die Korrektur vornehmen kann. Die Vorlage eines notariellen bzw. sogenannten öffentlichen Testaments vermag die Vorlage eines Erbscheins zu ersetzen. Die Erben von Immobilien sind bei Vorliegen eines notariellen Testaments also deutlich schneller handlungsfähig als Erben, denen lediglich ein handschriftliches Testament vorliegt.
  4. In zahlreichen Fällen ist die Errichtung eines Testaments (ohne Stiftung) ein geeigneter Weg, das restliche Vermögen nach dem eigenen Tod zu verteilen. Es ist eine leicht umsetzbare und kostengünstige Möglichkeit, den eigenen Nachlass zu regeln. Ist der eigene Nachlass von einfacher Struktur – wenn er beispielsweise ausschließlich aus Barvermögen besteht -, kann dieses Restvermögen „einfach“ auf die Erben verteilt werden. 
  5. Die unter Punkt 3. bereits angesprochene Vererbung von Immobilien sowie die Vererbung von Anteilen an einem (Familien-)Unternehmen ist jedoch deutlich komplexer. Bereits in den Fällen, in denen auf zwei Kinder zwei unterschiedlich werthaltige Immobilien vererbt werden soll, beginnen in vielen Fällen die Erbstreitigkeiten: Ein Kind erbt beispielsweise das emotional wichtige Familieneigenheim und das andere Kind die deutlich wertvollere Renditeimmobilie. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich ein Kind benachteiligt sieht. Geht man in diesen Fällen den Weg des gesetzlichen Erbrechts und erbt jedes Kind 50 % der Vermögensmasse, entsteht noch mehr Zündstoff. Das eine Kind (mit dem Familieneigenheim) hat einen Ausgleichsanspruch gegen das andere Kind (mit der Renditeimmobilie), der in der Regel ohne Veräußerung selten bedient werden kann.

Emotional noch gewichtiger sind Konstellationen, in denen ein Kind in dem vom Erblasser aufgebauten Familienunternehmen mitarbeitet und es mitentwickelt hat, während das andere Kind seinen eigenen Weg fernab vom Familienunternehmen eingeschlagen hat. Gerade bei Familienunternehmen kommt es häufig vor, dass die Liquidität größtenteils im Unternehmen verblieben ist, dieses Familienunternehmen zu Lebzeiten als „drittes Kind“ angesehen wurde und die Verantwortung für die Mitarbeiter dem eigenen Wohl immer mindestens gleichwertig war. Sieht das Testament eines Erblassers vor, dass ein Kind „enterbt“ wird und das im Unternehmen mitarbeitende Kind die Unternehmensanteile erbt, hat das enterbte Kind einen ggf. hohen Anspruch auf den Pflichtteil (in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils). Die Durchsetzung des Pflichtteils kann zur Zerschlagung des aufgebauten Familienunternehmens durch Notverkäufe an außenstehende Dritte führen.